Messevorbericht
Prominente Neuzugänge

Maastricht. In rauem Fahrwasser segelt die Maastrichter „The European Fine Art Fair“ (Tefaf) aktuell. Nicht aufgrund eigener Fehler, sondern wegen der Weltlage. An den Börsen geht es mal auf-, mal abwärts, je nachdem welchen Schalter die US-Regierung bei den Zollregelungen gerade betätigt. Über das Thema selbst möchte kaum ein Aussteller sprechen. Dass die Lage schwierig ist, und das nicht erst seit Trumps Amtsantritt, verhehlt jedoch niemand.
Ein Händler aus London erinnert sich nur an eine ähnlich schwierige Phase für den Kunstmarkt: „1991, als Japan über die Klippe ging und nichts den Ausfall ersetzt hat.“ Anders als bei der japanischen Wirtschaftskrise und dem Kollaps vor allem des Impressionismus-Segments, sei die Konjunkturflaute am Kunstmarkt jetzt weltweit. Sein Unternehmen hätte daher die Strategie gewechselt und setze nur noch auf wenige, aber hochkarätige Umsätze. Denn im Top-Segment sei die Nachfrage durchaus vorhanden. Damit ist er in Maastricht am richtigen Ort.
Georg Laue aus München bestätigt, dass er schon im Vorfeld viele positive Signale empfangen habe, vor allem aus den USA. Im Bereich Alter Kunst sei die Tefaf schließlich immer noch die wichtigste Messe, weshalb er sich mittlerweile auch auf die Teilnahme hier beschränke. Zudem könne er gar nicht viel mehr Spitzenware beschaffen. Ein Beispiel seiner Bemühungen präsentiert er stolz zusammen mit einem Anschauungsstück, einem milchigen Kristall, der bestenfalls hübsch anzuschauen ist, aber nicht weiter bemerkenswert. Der Spiegelstein, mineralkundlich Selenit, wird auch Marienglas genannt und hat eine bemerkenswerte Eigenschaft. Das Material lässt sich zu hauchdünnen Plättchen schneiden, die Daniel II Bretschneider in Dresden gegen Mitte des 17. Jahrhunderts zu einem bühnenartigen Gemälde der „Anbetung der Könige“ (160.000 Euro) hintereinander schichtete. Der Galerie ist weltweit lediglich ein Vergleichsstück bekannt.

Das Rückgrat der Tefaf bilden nach wie vor die Alten Meister. Hier hat David Koetser aus Zürich mit dem „Porträt einer jungen Frau“ von Frans Hals für 4,8 Millionen Euro ein Highlight der Messe im Angebot. Letztes Jahr war ihm von einer teilweise neu besetzten Expertenkommission ein Rembrandt heruntergestuft worden. Das Bild konnte zwischenzeitlich an ein renommiertes US-Museum vermittelt werden.
Im 19. Jahrhundert wartet Wienerroither & Kohlbacher aus Wien mit einer kleinen Sensation auf: Gustav Klimts frühem Porträt des aus Ghana stammenden „Prinz William Nii Nortey Dowuona“ von 1897, der in einer der berüchtigten Völkerschauen dem Wiener Publikum vorgeführt wurde und von den jungen Kollegen Klimt und Franz Matsch als Individuum würdevoll porträtiert wurde. Das Gemälde von Matsch war bekannt, das von Klimt im Jahr 1923 zum letzten Mal zu sehen. Letztes Jahr war die gütliche Einigung zwischen den aktuellen Besitzern und den Erben der verfolgten ursprünglichen Eigentümer noch nicht unterschrieben. Jetzt soll das Schlüsselwerk aus der Übergangszeit des Jugendstil-Stars satte 15 Millionen Euro kosten - ein Markttest. Das gilt auch für Alexej von Jawlenskys Gemälde „Spanische Tänzerin“ von 1909, das im Juni 2024 bei Ketterer in München für 8,3 Millionen Euro brutto versteigert wurde und nun bei Landau Fine Art aus Montreal 14,5 Millionen Euro kostet.

Großes Format fährt Emanuel von Baeyer aus London in der Papier-Abteilung auf. Eine monumentale Skizze für das Projekt „Die Schirme“ aus dem Jahr 1988 zieht Besucher in den Stand. Dort lässt sich dann neben einer Stahlskulptur von Donald Judd im siebenstelligen Preisbereich eines seiner „Wrapped Objects (Brigitte Bardot)“ von 1963 entdecken, zum Preis von 650.000 Euro.
Die zeitgenössische Abteilung wartet mit mehreren prominenten Neuzugängen auf, darunter Lelong (Paris, New York) und Richard Saltoun (London). Die New Yorker Galerie Marianne Boesky zeigt an ihrem Stand Gemälde der 43-jährigen Afroamerikanerin Danielle Mckinney (60.000 bis 150.000 Dollar) zusammen mit Papierarbeiten von Edward Hopper. Mariane Ibrahim (Chicago/Paris/Mexiko-Stadt) widmet in der „Focus“-Sektion den Gemälden des sudanesischen Künstlers Salah Elmur eine thematische Ausstellung aus seiner Heimatregion, dem Blauen Nil in Khartum, mit drei Mittel- und zwei Kleinformaten zu jeweils 20.000 und 90.000 Dollar.
Die gestärkte Abteilung krankt allerdings von jeher am Instrumentarium der Messe. Berühmt und unerreicht ist die Veranstaltung bei der Beurteilung Alter Kunst. Gerade bei der oft gefälschten Klassischen Moderne, ist die klassische Expertise immer noch ein Plus. „Sogar einige der Aussteller fragen mich, wie wir mit dem Thema umgehen. Auf der Art Basel gibt es keine Experten, die sich einzelne Kunstwerke ansehen,“ erklärt Will Korner, seit 2022 Head of Fairs bei der Tefaf. Die gleichen Kriterien lassen sich jedoch immer weniger sinnvoll anlegen, je jünger die Kunst ist. Umso wichtiger wird hingegen die Auswahl der Galerien.
Die Zulassungskriterien für Primärgalerien zur Tefaf sind jedoch nicht auf der Höhe. „Bei zeitgenössischen Kunstwerken schaut sich das Komitee die Präsentation und die Informationen auf Vollständigkeit an und die Qualität der Künstler“, so Korner. „Die Galerien selbst werden von sechs Ausstellern des Selection Committees ausgewählt. Dieses Gremium ist identisch für Maastricht und New York.“ Wer in den jeweiligen der insgesamt zehn Ausschüsse vertreten ist, bleibt jedoch unklar. Im Kleingedruckten des öffentlich einsehbaren „Selection Protocol“ heißt es lediglich, für eine vollständige Liste solle man sich an Will Korner direkt wenden. Transparenz sieht anders aus. Praktisch jede Messe für zeitgenössische Kunst listet die Mitglieder ihres Beirats online auf. Will die Tefaf das Segment des 20./21. Jahrhunderts, das mittlerweile immerhin 95 der 270 Teilnehmer stellt, weiter stärken, muss sie hier nachbessern.
Tefaf, MECC Maastricht, 15. bis 20. März