Thermomix: Über vier Monate Lieferzeit, bis der TM7 von Vorwerk erhältlich ist

„Das gab’s zuletzt beim Trabi – irre lange Wartezeit auf den neuen Thermomix“: So beschreibt der „Berliner Kurier“ den Run auf die „Luxus-Küchenmaschine“ aus Wuppertal. Ganz so dramatisch ist es tatsächlich nicht. Immerhin 18 Wochen müssen Kunden derzeit auf das neue Modell TM7 warten, das seit Mitte Februar bestellbar ist. Zwischenzeitlich waren es 23 Wochen. Zum Vergleich: Auf den Trabant mussten DDR-Bürger zwölf bis 15 Jahre warten. Aktuell gibt es mehr als 300.000 Vorbestellungen für das neue Modell des Thermomix. Thomas Stoffmehl, Vorstandschef des Herstellers Vorwerk, sagte am Dienstag bei der Vorstellung der Jahreszahlen: „Das übertrifft unsere Erwartungen. Wir tun unser Möglichstes, um die Lieferzeit weiter zu verkürzen.“ Auch das Vorgängermodell TM6, dessen Restbestände zuletzt vergünstigt angeboten wurden, ist inzwischen ausverkauft. Vom TM6 wurden ebenfalls von Januar bis Mai rund 300.000 Geräte verkauft. Mit stabilen 1,7 Milliarden Euro war der Thermomix 2024 wieder der Hauptumsatzbringer des Wuppertaler Familienunternehmens. Für dieses Jahr sind Erlöse von zwei Milliarden Euro geplant. Die Staubsaugersparte Kobold blieb mit einem Rückgang von 860 auf 777 Millionen Euro unter den Erwartungen. „Das lag allein daran, dass uns im ersten Halbjahr Berater fehlten. Danach lief es mit mehr Leuten wieder deutlich besser“, erklärte Stoffmehl kürzlich im Handelsblatt-Interview. Der Mittelstandsfinanzierer AKF erzielte einen Rekorderlös von 643 Millionen Euro. Insgesamt verfehlte Vorwerk den Vorjahresumsatz von 3,17 Milliarden Euro nur leicht um ein Prozent. Der Jahresüberschuss sank von 133 auf 99 Millionen Euro bei einer operativen Marge von 6,8 Prozent (Vorjahr 9,1 Prozent). Vorwerk begründet den Rückgang mit „erheblichen Zukunftsinvestitionen in neue Produkte, Märkte und Berater“. Vorwerk will Auslandsgeschäft ausweiten 57 Prozent seines Umsatzes macht Vorwerk im Ausland. Künftig wollen die Wuppertaler deutlich internationaler werden. Die Märkte Australien/Neuseeland, Malaysia und Singapur wurden neu erschlossen. Dort sei die Nachfrage nach dem neuen Thermomix bereits hoch. Marketing-Professor Florian Kraus von der Universität Mannheim erklärt den Run auf das neue Gerät so: „Die Begehrlichkeit des TM7 fußt darauf, dass das Vorgängermodell schon ein so großer Erfolg war.“ Wer bereits begeisterter Thermomix-Nutzer sei, werde sich von langen Wartezeiten nicht abschrecken lassen. Der erste digitale Thermomix hatte 2015 einen regelrechten Hype ausgelöst. Seitdem wurden rund 15 Millionen Geräte weltweit verkauft. In den vergangenen zwei Jahren ging der Absatz allerdings leicht zurück, von 1,5 auf 1,2 Millionen Thermomix im Jahr. Vorwerk führt das auf die allgemeine Kaufzurückhaltung zurück – und darauf, dass viele Nutzer auf einen Modellwechsel warteten. Das neue Modell ist eine Neukonstruktion. Der Topf steht frei, sodass sich erstmals mit offenem Deckel kochen lässt. Das Gerät ist deutlich leiser geworden. Das Plattform-System soll stetig erweitert werden – mit KI-Funktionen, einer Sprachsteuerung und weiterem Zubehör. Vorwerk arbeitet dabei unter anderem mit Neura Robotics aus Metzingen zusammen. Neuer Thermomix grundlegend neu konstruiert Der TM7 ist mit 1549 Euro nun 50 Euro teurer als sein Vorgänger. Seit Mitte 2023 hatte Vorwerk die Preise bereits um 200 Euro angehoben. „Wir haben das Gerät nun grundlegend neu konstruiert und 173 Millionen Euro in die Entwicklung investiert“, erklärt Stoffmehl. Die wichtigsten Teile werden in Wuppertal gefertigt, montiert wird die Küchenmaschine in Frankreich. Der Erfolg von Vorwerk basiert auf dem Direktvertrieb. Rund 115.000 Berater weltweit – vornehmlich Frauen im Nebenerwerb – verkaufen Produkte von Vorwerk, fast doppelt so viele wie 2019. Freiberufliche Berater führen die Multifunktionsküchenmaschine in privaten Haushalten beim „Erlebniskochen“ vor. Marketing-Professor Kraus erklärt: „Die Stärke des Direktvertriebs liegt darin, dass Menschen zusammenkommen, Produkte hautnah erleben, anfassen, testen und nachfragen können.“ Das sei eine ganz andere Produktwahrnehmung als zum Beispiel vor einem Karton im Geschäft oder mit ein paar netten Fotos in einem Onlineshop. „Der Thermomix ist ein hochemotionales Produkt“, sagt Vorwerk-Chef Stoffmehl. Auch Wettbewerber Bosch, der seinen Kochautomaten Cookit zunächst nur im Einzelhandel und online verkaufte, hat inzwischen einen Direktvertrieb aufgebaut. Direktvertriebsunternehmen in Deutschland machten 2024 einen Umsatz von 20,89 Milliarden Euro. Das waren rund drei Prozent mehr als bei den zuletzt erhobenen Zahlen 2022, wie eine Studie des Bundesverbands Direktvertrieb Deutschland (BDD) mit Professor Kraus zeigt. Elke Kopp, Vorstandsvorsitzende des BDD, betont: „Während viele Branchen mit Konsumzurückhaltung kämpfen, zeigt der Direktvertrieb, dass Vertrauen, persönliche Ansprache und qualitativ hochwertige Produkte weiterhin hoch im Kurs stehen.“ Die Zahl der Berater sank seit 2022 um 0,2 Prozent auf 908.000. Allerdings lief es nicht bei allen Direktvertrieben rund. Tupperware, Pionier für den Partyvertrieb, ist nach der Insolvenz der US-Mutter in Deutschland vom Markt verschwunden. Mehr: KI für die Küche – Was sich der Vorwerk-Chef vom neuen Thermomix erhofft Erstpublikation: 17.06.2025, 13:02 Uhr.