Interview: „Wir können das besser als 80 Prozent der Hoteliers“

Wer den Namen Zech hört, denkt in der Regel zunächst an Baustellen von Büro- oder Wohngebäuden, aber auch Schulen oder Fußballstadien. Die Zech Group ist das fünftgrößte Bauunternehmen Deutschlands. Eine GmbH der Zech Group baut und betreibt aber auch Hotels. Für Unternehmer Kurt Zech sind es wohl die persönlichsten Bauten. Vor zehn Jahren eröffnete in Keitum auf Sylt das Luxushotel Severin’s Resort, derzeit entsteht am Tegernsee ein weiteres Luxushotel. Auf der Webseite des entstehenden Severin’s am Tegernsee ist eine Webcam verlinkt, auf der der Baufortschritt für jedermann zu sehen ist. Der Spatenstich erfolgte im Januar 2023, es gab Verzögerungen, die Eröffnung ist für 2026/27 geplant. Lesen Sie hier das gesamte Interview mit Kurt Zech: Herr Zech, wie oft schauen Sie in der Webcam, wie die Baustelle läuft am Tegernsee?Sehr selten. Alle zwei Wochen am Montag. Am Montagmorgen um neun haben wir Hotelbesprechungen, wie die einzelnen Baustellen laufen, die wir gerade im Hotelbereich haben. Heidelberg, Frankfurt, Tegernsee. Das ist der normale Standard, da wir am Tegernsee größere Probleme mit der Baugrube hatten, in die Wasser lief. Da haben wir da öfters reingeguckt und auch in vielen Gesprächen versucht, die Probleme zu lösen, die auch durch die Zusammenarbeit mit dem Unternehmen für Tiefbau entstanden. Die Webcam ist also tatsächlich etwas, was Sie nutzen. Sind Sie ein Kontrollfreak?Ich bin ein Baumensch, es macht Spaß zuzusehen. Wir bauen in Frankfurt ein Hochhaus, 120 Meter. Da sind alle 14 Tage zwei Geschosse mehr drauf. Ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll. Das ist einfach schön zu sehen, wie das so wächst. Es sind ja alle auch – irgendwie – unsere Babys, unsere gemeinsamen. Eltern lieben alle ihre Kinder, aber es gibt Familien, wo man das eine Kind mehr mag als das andere. Sind Ihnen Hotels doch irgendwie ein bisschen näher als ein Bürobau? Ja. Gibt es eine Abstufung, erst Hotels, dann Büros, dann Wohnungen? Es gibt Projekte, die sind ein wenig wie eigene Kinder. Und es gibt leider welche, und ich gestehe, dass mich das auch ärgert, auch große Projekte, die wir bauen, die ich gar nicht kenne. Wir bauen jetzt ein Allianz-Headquarter in Stuttgart. Und ich werde auch tausendmal darauf angesprochen, ich war aber noch nie da, habe es noch nicht vor Ort gesehen. Schlicht zu viele Projekte?Wir haben mal mit zwei Mann im Unternehmen angefangen, heute haben wir mehr als 12.000 Mitarbeiter. Ich habe mich in den 70er-Jahren gefragt, wie ein damaliges sehr großes Familienbauunternehmen das hinkriegt, alle Baustellen zu kennen. Es gibt Baustellen, die laufen gut, andere sind besondere Projekte, wie in Düsseldorf der Kö-Bogen, die ein Gamechanger sind. Wenn die fertiggestellt sind, dann sehen die anderen: Die können das. Und dann bekommt man Objekte an anderen Orten. Sind die Hotels an Orten, wo Sie gern Urlaub machen? Wir müssen da unterscheiden, denn wir haben Hotels für Geschäftsreisende und solche für Freizeit, wie das Severin’s. Aber so habe ich noch gar nicht drüber nachgedacht, aber ja, die Luxusferienhotels sind immer da, wo wir vorher schon Urlaub gemacht haben. Aber das war keine Absicht. Auf Sylt hatten wir früher Urlaub gemacht. Dann haben wir eine Zeit lang keinen Urlaub auf Sylt gemacht. Und dann passierte diese Geschichte. Und die ging wie?Wir haben damals die Ferien am Tegernsee verbracht. Hintergrund war, dass ich beruflich viel unterwegs war in Hotels und eigentlich nicht auch noch den Urlaub im Hotel verbringen wollte. Bei meiner Frau war es genau andersherum. Und dann waren wir eben in diesem Hotel am Tegernsee und haben dort eine Familie kennenglernt, die nebenan eine Hütte mit zwei Wohnungen und einem Garten hatte. Da haben wir gesagt, komm, lass uns das mal ausprobieren. Dieses Prinzip eigene Wohnung mit Hotelservice – das war fortan für uns der ideale Urlaub. Und den wollten Sie auch auf Sylt verbringen?Am 22. Dezember 2005 kam ein Anruf. Erst mein Banker. Den versuchte ich abzuwimmeln. Dann noch der Steuerberater, jemand wolle mit mir sprechen. Dann sagten sie mir den Namen. Den kannte ich gut. Wir waren jetzt nicht eng, aber wir hatten geschäftlich miteinander zu tun und auch privat. Also kam ich hierher – und, was soll ich sagen: Die Lage am Watt, die Atmosphäre hier – da wurde in meinem Kopf so ein Schalter umgelegt und ich dachte: Ja doch, das muss man machen. Und Sie haben gemacht.Ja, dann haben wir verhandelt und am 31.12. gekauft. Und die Stadt Mülheim, der das Gelände samt dem Gebäude darauf gehörte, war auch glücklich. Die kannten uns auch. Der vorige Besitzer war so ein Einzelkämpfer. Der hatte nicht das Geld, das hier zu entwickeln. Viele Unternehmer kaufen oder bauen Hotels, obwohl sie nicht aus der Branche sind. Oetkers haben eine ganze Gruppe, selbst die Aldi-Erben haben ein Luxushotel. Sie haben in den 90ern schon Ihr erstes Hotel übernommen als Unternehmen.Ich hatte ein Haus in der Bremer Innenstadt. Ein Bürohaus. Da war ein Nachbar, der hat ein Hotel gehabt. Und der kam auf mich zu. Wir haben ganz viel miteinander gesprochen. Er hat mir erklärt, wie man ein Hotel führt. Und dabei ist mir dann aufgegangen, dass wir das von der Investitionsseite besser können als 80 Prozent der Hoteliers. Bauen können wir, konzipieren können wir. Bei der Einrichtung und bei der Funktionalität haben die Hoteliers natürlich Vorteile. Aber das kann man auch hinkriegen. So war mein Gedankengang. Aber das waren zunächst nur Pläne.Ja, und dann, das war damals auch kurz vor Weihnachten Anfang der 90er, wurde uns in Bremen-Vegesack ein Grundstück angeboten. Der Eigner musste irgendwie bis zum Jahresende verkaufen. Und auch da hatten wir nur drei, vier Tage Zeit. Da das aber in Bremen bei uns vor der Tür war, haben wir das ausprobiert. Ich habe damals alles mit meinem engsten Freund gemacht, mit dem ich auch die ganze Hotelkette aufgebaut habe. Das war ein großer Bauträger in Bremen. Und dann habe ich ihn überredet. Er hat gesagt: „Ein Hotel? Keine Ahnung.“ Ich habe gesagt, komm, so schwer ist das nicht. Und dann haben wir uns eine Hausdame eines benachbarten Hotels gesucht und angefangen, ein Hotel zu konzipieren. 89 Zimmer, kein Restaurant drin und nichts. Das haben wir bis heute. Es läuft hervorragend. Gibt es irgendwas in der Hotelbranche, das anders läuft als in anderen Branchen?Jede Branche hat ihre Spezialität. Aber bei Hotels ist vor allem der Anfangsinvestitionsbedarf enorm. Hinzu kommt, dass jeder gute Hoteldirektor immer ein Haus haben will, das er allein geschaffen hat. Und das ist eben schwierig am Anfang, vor allem finanziell. Deswegen kann es in vielen Fällen eine gute Symbiose sein, wenn es irgendjemanden gibt, der an anderer Stelle sein Geld verdient hat, und sich mit einem Direktor zusammentut, der ein Hotel gut managet, führt und zusammenbringt. Die Begeisterung über das Hotel scheint sich nicht ganz bis in die Gastronomie zu erstrecken, in den vergangenen Monaten schlossen einige Betriebe, ob Stadt- oder Ferienhotel, ihre hochpreisigen Restaurants und änderten mindestens mal die Strategie. Wir stehen in Deutschland unter einem unheimlichen Preisdruck. Allein in Nordrhein-Westfalen haben wir in den letzten zwei Jahren 31 Prozent Tariferhöhung gehabt im Personalbereich. 31 Prozent. Das sehen Sie nicht. Es ist nicht in den Preisen wiedergegeben worden. Auch die Rückkehr zu 19 Prozent Mehrwertsteuer können Sie nicht an die Gäste weitergeben. In Deutschland ist das Statussymbol Auto. Oder die Wohnungseinrichtung. Die Essenskultur ist nicht so sonderlich gut, entsprechend sparen die Leute da. Die Baukosten sind ein großes Problem der Branche. Das Segment Hotelimmobilien scheint besser zu laufen als Wohnimmobilien und Büroimmobilien. Täuscht der Eindruck? Ja. Aber Ihre Hotelaktivitäten verfolgen Sie mit dem gleichen Tempo, wie Sie sich das vor fünf Jahren gedacht haben.Ich habe keine Planung, wir sind immer nur opportunitätsgetrieben. Also wenn jemand etwa aus St. Tropez, einem weiteren ihrer einstigen Urlaubsorte, morgen anruft und Ihnen ein Objekt anbietet, könnten Sie schwach werden? Ja. Würden Sie es selbst als schwach werden bezeichnen? Ja, ich verliere die Nerven, und ich möchte das dann machen. Auf Gedeih und Verderb? Nein, wenn die Preise zu hoch sind, dann habe ich auch schon mehrfach abgesagt. Wenn jemand in Schwierigkeiten kommt und bis zum 30. des Monats etwas zahlen muss und Sie bekommen am 15. davor einen Anruf, etwas übernehmen zu können – dann habe ich schon, wie in unserem Severin’s in Lech, zugeschnappt. Da haben wir in sechs Wochen eine Baustelle zu einem Luxushotel fertig gemacht. Eine grandiose Leistung von unserem Team, wie ich finde. Also alles gut gegangen. Nun, wir verlieren viel Geld damit, der Betrieb hat nur neun Suiten und eine Residenz mit vier Schlafzimmern. Wir haben da viel Personal und zahlen 250.000 Euro nur für die Personalhäuser. Die Mitarbeiter wohnen exzellent bei uns, auf Hotelstandard. Wir überlegen gerade, was wir damit machen. Das ist wie mit dem Severin’s Landhaus Morsum, da verdienen wir auch kein Geld, diese kleinen Häuser sind schon wahnsinnig schwer. Sie sagten, dass Sie viel reisen. Was hat der Unternehmer Kurt Zech in den Zimmern als Ausstattung angeordnet, das der Gast Kurt Zech bei Reisen wichtig findet in Hotelzimmern?Zunächst: Das klingt jetzt doof, aber in unserem Team bin ich, glaube ich, der Einzige, der als Gast in diesen Preisregionen unterwegs ist. Für mich ist zum Beispiel die Schrift auf den Flaschen für Duschgel und Shampoo wichtig. Und ich will immer eine geräumige Dusche haben, ich will nicht in so einer kleinen Dusche stehen. Die Details machen es aus, dass der Gast bereit ist, diese Preise zu zahlen. Manches sehen die Gäste auf Anhieb gar nicht, es ist mir aber dennoch wichtig. Ich muss etwa immer rumdiskutieren, wenn wir so aufgesetzte Waschbecken haben. Ich finde es besser, wenn die reingefräst sind. Bei den aufgesetzten Waschbecken kippt der Zahnputzbecher doch um. » Lesen Sie auch: Was Gäste im Eine-Milliarde-Pfund-Hotel erwarten können Jetzt sind wir noch nicht aus dem Bad raus …Das ist noch ein Thema, bei dem ich immer noch der einzige Kämpfer bin. Meine Frau raucht, meine Mutter raucht, es gibt Menschen, die rauchen. Wir müssen auch die Minderheiten richtig versorgen, und wir brauchen Räume für Raucher. Wir haben jetzt gerade diskutiert am Tegernsee über eine Smokers Lounge, der Inneneinrichter hasst das, will das nicht und unsere Leute auch nicht. Ich bin da mal richtig sauer geworden. Ich sage, guckt euch die Zahlen an, die gehen gerade bei den jungen Leuten wieder nach oben. Ich finde, wir müssen diese Leute bedienen. Wenn wir das nicht tun, dann stehen sie bei uns vor der Tür oder machen andere Sachen, rauchen im Zimmer oder was auch immer. In Hotels gibt es unter Gästen verschiedene Reizthemen ...Hunde! Wir haben einen Hund. Ich will als Gast meinen Hund doch mitnehmen. Kein Fünf-Sterne-Haus hat damals Hunde zugelassen. Ich sage, wie ist das mit den Hunden? Wo sollen wir denn hin? Ich wollte etwas schaffen, wo ich mich als Gast wohlfühle. Und ich weiß, dass auch andere so denken. Wir haben draußen eine Hundedusche gebaut, wir haben eine eigene Packung Hundekekse, wir haben die tollsten Hundekörbe, die wir bekommen können. Und natürlich gilt das auch Eltern. Wir haben einen Kid’s Club mit einem Clubleiter, den die Kinder lieben, die haben mit dem tolle Abenteuer gemacht. Sie wollen wahrscheinlich gar nicht mehr reisen, weil Sie schon so viele Hotels gesehen haben, oder?Ja, ich bin wirklich kein großer Fernreisender. Ich habe nicht das Bedürfnis, wie andere, die ganze Welt zu bereisen oder zu erobern. Stattdessen fühle ich mich in meiner gewohnten Umgebung sehr wohl. Mehr: Tim Raue im Interview – „Ich sage ja, dass ich ein Egozentriker bin” Erstpublikation: 27.12.2024, 11:02 Uhr