Auktionen
Jubiläum bei Karl & Faber: 30 Mal sechsstellig zugeschlagen
Die Erwartungen von 400.000 bis 600.000 Euro für Cy Twomblys große Papierarbeit wurden nicht enttäuscht. Die zwischen 1961 und 1979 entstandene Arbeit ging für 635.000 Euro (inkl. Aufgeld) in neue Hände (Ausschnitt).
München. Max Beckmanns Gemälde „Bildnis Rietje & Nelly Lütjens“ sollte für Karl & Faber den lang erhofften, krönenden Millionenerlös seiner 100-jährigen Erfolgsgeschichte bringen. Aber die Sammler entschieden anders auf der Jubiläumsauktion mit moderner und zeitgenössischer Kunst in den letzten Junitagen.
Beckmanns Kunst bezieht ihre Kraft aus einem Habitus der Welterschütterung. Das Mutter-Kind-Porträt von 1945 mit der Provenienz Serge Sabarsky, einem der erfolgreichsten New Yorker Händler der Nachkriegszeit, transportiert wohl zu wenig von diesem Gefühl. Am Donnerstag kam nur ein Gebot von 750.000 Euro. Für den Einlieferer nicht akzeptabel, erfuhr das Handelsblatt von Karl-&-Faber-Geschäftsführer Rupert Keim. Die untere Taxe liegt bei 900.000 Euro.
Deutlich spiegeln Karl & Fabers Auktionsergebnisse die momentan disparate Situation auf dem Kunstmarkt wider. Es gibt sehr preisbewusste, selektive Käufer auf der einen Seite; Bereitschaft zum Einsatz der geforderten Preise bei Topobjekten auf der anderen Seite.
Zu den gefragten frühen expressionistischen Arbeiten zählen bis heute Gabriele Münters farblich subtile Gemälde. Ihre „Schneelandschaft mit Häusern“ von 1908/1909 wurde mit einem Erlös von 685.000 Euro (alle Preise inkl. Aufgeld) zum teuersten Los der Moderne. Es gelangt in ein führendes Museum im Mittleren Westen der USA.
Bei den Zeitgenossen steht Cy Twomblys große Zeichnung „Untitled („ROMA“) mit den typischen Kritzeleien des US-Künstlers mit an der Spitze. US-amerikanischer Handel übernahm das komplexe Blatt bei 635.000 Euro zu einem Preis auf internationalem Niveau. Es entstand zwischen 1961 und 1979 in Rom.
Den Höhenflug für Arbeiten Günther Förgs in die mittlere sechsstellige Preisregion setzte eine mit Gittern und orangefarbenem Farbfeld komponierte Leinwand von 1993 fort. Als ehemaliger Bestand der Sammlung Essl besitzt sie museale Weihen. Jetzt hat ein deutscher Sammler das Gemälde für 635.000 Euro erworben.
Die luftig skizzierte Gouache von 1914 sicherte sich bei 304.800 Euro (inkl. Aufgeld) ein norwegischer Sammler.
Der ausgebliebene Millionenerlös ist angesichts der rund 15 Millionen Euro Gesamtumsatz für die ganze Saison zu verschmerzen. Allein die Auktionen der letzten Woche verbuchten elf Millionen Euro inklusive Aufgeld, darunter 30 sechsstellige Erlöse.
Rupert Keim betonte im Gespräch, dass er noch nie so viele sechsstellige Erlöse verzeichnet habe wie dieses Mal. Katharina Grosses farblich vielschichtige, große Leinwand mit der Werknummer „2015/1013“ schlägt mit 254.000 Euro zu Buche; Max Liebermanns kleinformatiges Gemälde „Im Tiergarten“ erzielte 203.200 Euro.
Einen grandiosen Sprung von geschätzten 25.000 auf 114.300 Euro gelang Thomas Theodor Heines Gemälde „Vor Sonnenaufgang“. Es entstand 1890 und wurde von Edward Munch inspiriert. Rupert Keim zufolge handelt es sich um den zweithöchsten Erlös für den Künstler aus dem Kreis der Satirezeitung „Simplizissimus“.
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Was die Sabarsky-Stiftung bewegt, Werke von Schiele, Klimt und Walde nicht in den USA zu vermarkten, ist bei Karl & Faber noch einmal deutlich geworden. Aufgrund der allgemeinen Interessenverschiebung von amerikanischen Sammlern ist der deutsche Markt heute die bessere Plattform.
Es ist keine Sensation, dass Alfons Waldes expressive Schnee-Idylle von „Aurach bei Kitzbühel“ für 419.100 Euro in den österreichischen Handel gelangt. Der Erlös von 215.900 Euro für Richard Gerstls konventionelles „Bildnis Carl Zentzyzkys“ von 1902 überraschte dann in zweifacher Weise. Der Käufer stammt aus den USA.
Ein japanischer Sammler begeisterte sich für Klimts Kohlezeichnung „Junges Mädchen“ aus dessen Studienzeit und für die Studie eines Knaben. Die vom Realismus des 19. Jahrhunderts bestimmten Blätter brachten 177.800 respektive 44.450 Euro. Für 240.000 Euro übernahm ein Norweger aus dem Sabarsky-Konvolut Egon Schieles fiebrig-schillernd gezeichnetes „Bergpanorama“. Internationale Sammler dieser Kunst haben ihren Fokus auf deutsche Auktionshäuser gerichtet.
Neue Marken setzte Karl & Faber für die abstrakten, wilden Gemälde der Künstler der Gruppe Spur. Ihr Credo war in den 1960er-Jahren, alle klassischen Normen zu negieren. Für HP Zimmers „Nordwind“ und für Helmut Sturms „Rosenrot“ investierten Sammler 69.850 und 73.660 Euro, doppelt so viel wie die Auktionspreise zuvor.
Zur selben Zeit wie Karl & Faber rief das Auktionshaus Neumeister Werke der Moderne und der Gegenwartskunst auf. Starkes Interesse gab es an Max Peiffer Watenphuls Venedig-Gemälde von 1945. Der Blick auf den Marcus-Platz von einer Gondel aus war einem Interessenten 22.100 Euro wert. Die tschechische Moderne war mit Vaclav Spala vertreten. Sein Gemälde „Blumen im Krug“ erlöste fast 60.000 Euro.
Den Toppreis verbuchte Auktionatorin Katrin Stoll jedoch für ein ungewöhnliches Sommerbild Alfons Waldes. Es war vorsichtig auf 120.000 Euro geschätzt. Am Ende konnte das von grüner Vegetation bestimmte, schneelose Gemälde erst bei 325.000 Euro in neue Hände vermittelt werden.
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