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Kölner Frühjahrsauktionen

Zuschläge wachsen nicht in den Himmel

Van Ham fährt mit moderner und zeitgenössischer Kunst in wirtschaftlich angespannter Zeit sehr solide Ergebnisse ein. Lempertz erzielt mit Oskar Schlemmer den einzigen, allerdings niedrigen Kölner Millionenzuschlag.Christiane Fricke 05.06.2025 - 16:04 Uhr Artikel anhören
Günther Ueckers genagelte „Spirale“ setzte sich mit 500.000 Euro Hammerpreis (brutto 660.000 Euro) an die Spitze des Evening Sale bei Van Ham. Foto: Van Ham

Köln. Die schönsten Frauen hatte sich Markus Eisenbeis, Chef des Kölner Auktionshauses Van Ham, für den Schluss aufgespart: Beide Siebdruckgemälde, die Andy Warhol im Auftrag der Bayer AG schuf, erfüllten am Abend des 3. Juni 2025 die in sie gesetzten Mindesterwartungen. Der Hammer für das Porträt einer jungen Frau nach dem historischen Bild von Cranach d. Ä. fiel bei 600.000 Euro zugunsten eines New Yorker Bieters, der mit Aufgeld 815.000 Euro bezahlen muss; beim Bildnis von Nastassja Kinski wurde der Zuschlag bei 320.000 Euro einer Schweizer Sammlung erteilt (mit Aufgeld 435.000 Euro).

Dem Aufruf von ausgewählten 93 Losen aus der Bayer Collection war mit großer öffentlicher Anteilnahme entgegengefiebert worden. Das lag vor allem daran, dass hier ein Dax-Konzern, der sich aus der Krise kämpft, offensiv mit der Tatsache umgeht, dass ihm der in mehr als 100 Jahren angesammelte Bestand von bis zu 8000 Kunstwerken über den Kopf gewachsen ist. Doch mit Kunstverkäufen kann keine Bilanz glattgezogen werden. Das war allen Beteiligten klar und – wie berichtet – auch nicht das Ziel.

5,3 Millionen Euro inklusive Aufgeld kamen in der zweistündigen Session zusammen, deutlich mehr als die prognostizierten vier Millionen Euro. Ansehnlich auch die elf sechsstelligen Ergebnisse und eine laut Eisenbeis „dolle“ Verkaufsquote von 79 Prozent. Dazu addiert sich der Umsatz für den zweiten Evening Sale vom 4.6., der mit nur halb so vielen Losen auf 5,37 Millionen Euro kam. Hier setzte sich Ueckers genagelte „Spirale“ mit 500.000 Euro Hammerpreis an die Spitze (Taxe bis 400.000 Euro).

Um die späte Materialcollage von Manolo Millares rangen bei Van Ham bis zu 20 Telefonbieter. Der Hammer fiel bei 200.000 Euro zugunsten einer Sammlung in Barcelona, was mit Aufgeld 272.000 Euro macht. Foto: Van Ham

Telefon-, Online- und Saalgebote hielten sich im Bayer Sale die Waage. Spanische Bieter reagierten lebhaft auf eine Passage mit spanischer Nachkriegskunst unter anderem von José Guerrero, Eduardo Chillida, Antoni Tàpies und Joan Hernández Pijua. Den Vogel schoss eine späte Materialcollage von Manolo Millares ab, um die bis zu 20 Telefone rangen. Der Hammer fiel bei 200.000 Euro zugunsten einer Sammlung in Barcelona, was mit Aufgeld 272.000 Euro macht. Die Taxe lag zwischen 80.000 und 120.000 Euro.

Erwähnenswert ist neben den sehr soliden Ergebnissen für expressionistische Grafik auch die deutlich über der Schätzung zugeschlagene Bronze Henry Moores, die für 394.000 Euro nach England verkauft wurde. Auch wenn sechsstellig bewertete Arbeiten von Max Beckmann, Ernst Wilhelm Nay, Imi Knoebel und Albert Oehlen nur unter Vorbehalt zugeschlagen wurden, zeigte sich Thomas Helfrich, Bayers Marketingstratege, auf Nachfrage „sehr zufrieden mit dem erzielten Ergebnis“ und freute sich, „dass wir uns mit dem Erlös weiter kulturell engagieren“. Im Klartext heißt das: Zwar fokussiert sich künftig das kulturelle Engagement auf die darstellenden Künste und die Musik, aber es gibt weiterhin auch Ankäufe spannender zeitgenössischer Positionen in Ergänzung zu dem, was Bayer behält.

Das Motto lautet „Kunst für alle“

Abgesehen von den asiatischen Bronzen aus Bayers Japanischem Garten, die am 6.6. bei Nagel aufgerufen werden, stehen bei Van Ham noch insgesamt über 700 Lose zur Verwertung über reine Online-Auktionen an. Dafür werden mindestens 500.000 Euro erwartet. Die erste mit rund 200 Arbeiten endet am 12. Juni. Derweil rüstet sich Bayer für einen beispiellosen Ansturm auf sein Erholungshaus. Denn die 50-Euro-Tickets, mit denen sich vom 10. bis 20.6. ein jeder ein beliebiges Werk von der Wand nehmen kann, sind bereits ausverkauft. „Kunst für alle“ lautet das Motto dieser bürgernahen Idee, mit deren Hilfe Bayer den Rest abstoßen will, ohne Complianceregeln zu verletzen.

Bei Lempertz konzentrierte sich viel Aufmerksamkeit unterdessen auf die Oskar-Schlemmer-Passagen am 30. Mai abends und in der nachfolgenden Tagauktion. Möglich machte es der Ende 2024 erzielte Vergleich mit Urteilskraft, in dem Enkelin Janine Schlemmer – wie berichtet – nach jahrzehntelangem Prozessieren endlich ihren Anteil am Nachlass des Bauhaus-Künstlers zugesprochen bekam. Nun müssen einzelne Stücke verwertet werden, um Prozesskosten zu decken. Wie viel Augenmaß dies erfordert, signalisierten die Ergebnisse namentlich der Spitzenlose.

Das einst als Dauerleihgabe in der Staatsgalerie Stuttgart deponierte Aquarell „Großer Kopf im Profil“ von Oskar Schlemmer erzielte bei Lempertz mit Aufgeld 189.000 Euro und damit das Doppelte der oberen Schätzung. Foto: Lempertz

Während das einst als Dauerleihgabe in der Staatsgalerie Stuttgart deponierte Aquarell „Großer Kopf im Profil“ mit Aufgeld 189.000 Euro und damit das Doppelte der oberen Schätzung erzielte, musste um das Top-Los verhandelt werden. Es gab nach Angaben von Auktionator Henrik Hanstein nur zwei Gebote für die mit 1,2 bis 1,5 Millionen Euro bewertete, 1930 rekonstruierte „Komposition auf Rosa“. Nach Auflösen des Vorbehalts konnte er sie jedoch für 1,38 Millionen Euro jenem Museum zusprechen, das ein Vorgebot abgegeben hatte.

Das ist der höchste jemals in Deutschland erzielte Preis für Schlemmer. Der Sechs-Köpfe-Fries wurde indes zurückgereicht, während die aus anderer privater Quelle eingelieferte Bronze „Bauplastik R“ mit 138.600 Euro brutto bewertet wurde (Taxe 140.000 bis 160.000 Euro). Die Anfang März von Sotheby’s in London aufgerufene Gipsplastik aus der Sammlung Hans und Marion König blieb unverkauft. Von den bei Lempertz anderntags aufgerufenen 18 Arbeiten auf Papier verzeichneten die Zeichnungen starke Ergebnisse. Hier engagierte sich auch ein chinesisches Museum.

Ansonsten brillierte dank tschechischen Zuspruchs wieder einmal eine abstrakte Leinwand von Zdenek Sykora, die online und am Telefon zügig bis 480.000 Euro und damit auf mehr als das Doppelte der oberen Taxe hochgesteigert wurde (brutto 604.800 Euro). Die auf bis zu 70.000 Euro geschätzte Bronze „Mon ami Pierrot“ von Max Ernst kam durch Gebot einer Schweizer Sammlung auf sehr starke 327.600 Euro mit Aufgeld.

Eine 25-teilige Mappe mit Aktfotografien von Sasha Stone erreichte bei Lempertz mit 15.000 Euro die obere Taxe, mit Aufgeld 18.900 Euro. Foto: Lempertz

Die Fotoauktion am selben Tag erzielte in einem nicht nur hierzulande schwachen Markt eine befriedigende Zuschlagsquote von 62 Prozent. Von der Handvoll Lose, die fünfstellig zugeschlagen wurde, setzte sich Helmut Newton mit unter Vorbehalt zugeschlagenen 55.000 Euro ab (mit Aufgeld 69.300 Euro). Die Taxe lag zwischen 60.000 und 80.000 Euro. Eine 25-teilige Mappe mit Aktfotografien von Sasha Stone erreichte mit 15.000 Euro die obere Taxe, mit Aufgeld 18.900 Euro. Erneut kam viel Material aus dem heterogenen Bestand der Luxemburger Galerie Claire Fontaine zum Aufruf, daneben auch Abzüge aus dem Bestand des Berliner Galeristen und Verlegers Roland Angst. Eifrigster Käufer der Auktion war erneut ein junger luxemburgischer Sammler.

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Insgesamt setzte Lempertz laut Henrik Hanstein fast zehn Millionen Euro mit Moderne, zeitgenössischer Kunst und Fotografie um. Dabei spielte der Handel, der schon über die schlechten Verkäufe auf den Messen klagte, keine Rolle. Elf Millionen Euro kamen zwei Wochen zuvor mit Altmeistern, 19. Jahrhundert und Kunstgewerbe zusammen. Hier lag das Stillleben von Jan Davidsz. de Heem mit rund vier Millionen Euro inklusive Aufgeld an der Spitze.

Van Ham erzielte mit der sogenannten Alten Kunst 5,7 Millionen Euro. Seine Stärke spielte das Haus dann wieder mit moderner und zeitgenössischer Kunst aus. Mit Bayer summierte sich das Ergebnis für zwei Evening Sales auf etwas mehr als elf Millionen Euro. Für die Tagauktion vom 5.6. werden noch einmal sechs Millionen Euro erwartet. Damit könnte Van Ham den 2024 erzielten Gesamtumsatz der Abteilung erneut erreichen, was angesichts der unsicheren Marktlage ein sehr solides Ergebnis darstellt.

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