Geldanlage: Der starke Euro bringt neue Probleme für den Dax

Amerikanische Zölle auf Waren aus Europa drohen die Erträge der vielen exportstarken Dax-Konzerne zu schmälern. Ebenso die teure Energie im Heimatmarkt, die Rezession und der schwächelnde Welthandel. In dieser vertrackten Situation kam es Anfang des Jahres gerade recht, dass der Euro gegenüber dem Dollar immer weiter abwertete. Ein schwacher Euro verbilligt die Ausfuhren, sodass europäische Produkte und Dienstleistungen im Dollar-Raum und damit in weiten Teilen Amerikas und Asiens preiswerter und konkurrenzfähiger werden. Obendrein erhöhen sich die Erträge, sobald deutsche Unternehmen ihre im Dollar-Raum erzielten Erträge in Euro umrechnen und bilanzieren. Doch das alles ist schon wieder Geschichte. Am Mittwoch war ein Euro 1,09 Dollar wert, nachdem es vor knapp zwei Wochen nur knapp 1,04 Dollar gewesen waren. Hauptgrund für die plötzliche Erstarkung des Euros ist das Vorhaben der künftigen Bundesregierung, 500 Milliarden Euro für die Modernisierung der Infrastruktur und deutlich mehr für die Verteidigung auszugeben. Diese Absicht der größten europäischen Volkswirtschaft ruft eine Kettenreaktion hervor: In Erwartung höherer Investitionen und Preise steigen die Inflationserwartungen, was wiederum die Zinsen für Staats- und Unternehmensanleihen kräftig anziehen lässt. Die Folge ist ein steigender Euro, weil mit einem Mal mehr Kapital in den Euro-Raum fließt, wo es plötzlich mehr Geld fürs Ersparte gibt. Der stärkere Euro spiegelt die wachsende Attraktivität des Euro-Raums wider. Doch die plötzliche Stärke des Euros belastet exportstarke Unternehmen, wovon es im Dax besonders viele gibt. Knapp 80 Prozent ihrer Umsätze erzielen die Dax-Konzerne im Ausland. Infineon beispielsweise schraubte Anfang Februar seine Prognose für das laufende Geschäftsjahr hoch und begründete dies mit dem bis dahin schwachen und immer schwächer werdenden Euro. Die Börse frohlockte damals, der Infineon-Kurs zog um mehr als zehn Prozent an. All das zählt nicht mehr, seitdem der Euro die Kehrtwende vollzieht. Der Dax notiert inzwischen rund 800 Punkte unter seinem Rekordhoch von 23.476 Punkten, das er noch Anfang März erreicht hatte. Eine Ursache ist, dass der stärker werdende Euro künftige Erträge der Firmen belastet. Setzt sich der Trend fort, müssen Unternehmen wie Infineon ihre Prognosen bald wieder ändern – dann aber in die umgekehrte, negative Richtung. Das gilt beispielsweise auch für Highflyer wie Rheinmetall: Rüstungsgüter werden zwar zumeist in Dollar abgerechnet. Der Düsseldorfer Konzern bilanziert sie jedoch in Euro, wodurch sich allein aus der Umrechnung umso niedrigere Erlöse ergeben, je mehr der Dollar jetzt abwertet. Autoindustrie gerät besonders unter Druck Fast alle Branchen sind betroffen, auch die Automobilindustrie. Viele Luxusfahrzeuge werden in Deutschland produziert, aber weltweit und vor allem in den USA verkauft. Porsche setzt dort jeden vierten Wagen ab – produziert dort aber keinen einzigen. „So, wie sich in der Porsche-Bilanz ein um fünf Cent schwächerer Euro um mehrere Hundert Millionen Euro positiv bemerkbar macht, so wird sich ein um fünf Cent stärkerer Euro um mehrere Hundert Millionen Euro negativ bemerkbar machen“, sagte am Mittwoch ein Frankfurter Aktienhändler mit Blick auf die künftigen Ergebnisse. US-Zölle auf Importe von europäischen Autos verstärken diesen negativen Effekt. Immerhin, einen Vorteil hat der mit einem Mal anziehende Euro aber doch: Rohstoffe wie Öl werden fast immer in Dollar gehandelt. Deutschland ist ein rohstoffarmes Land und muss sie einführen und bezahlen. Angesichts des steigenden Euro-Kurses gibt es mit einem Mal mehr Dollar für den Euro. Deshalb werden Rohstoffimporte jetzt billiger. Das kommt Unternehmen und Verbrauchern gleichermaßen zugute. Mehr: Warum der starke Euro die Rendite von ETF-Anlegern senkt