Immobilien: In welchen Karlsruher Trendvierteln steigen die Preise weiter?

Nach der Besichtigung schwärmt ein Interessent: „Die Wohnungen sind schön geworden, vor allem die in den oberen Stockwerken mit Weitblick auf den Schwarzwald.“ Der Mann hat das neu gebaute Wohnquartier auf dem August-Klingler-Areal im Karlsruher Stadtteil Daxlanden gemeinsam mit seiner Mutter angeschaut. „Für uns sind sie nur leider viel zu teuer“, ergänzt er. Die Szene steht exemplarisch für einen Markt, der sich nach der Zinswende neu sortiert. In Karlsruhe treffen hohe Preisvorstellungen auf zunehmend skeptische Käufer. Eigentumswohnungen und sanierungsbedürftige Bestandsimmobilien werden nur mit Preisabschlägen verkauft, der Neubau stockt. Experten schätzen dennoch, dass der Markt sich positiv entwickelt. Für welche Stadtteile mit Preisanstiegen zu rechnen ist und welche Lagen für Käufer attraktiv sind, zeigt eine exklusive Auswertung. Hohe Nachfrage nach Wohnimmobilien, doch Käufer in Karlsruhe sind vorsichtig Mehrere der 55 Eigentumswohnungen, die das städtische Immobilienunternehmen Volkswohnung im neuen Projekt in Daxlanden anbietet, sind noch immer nicht verkauft. „Viele Kaufinteressierte sind bei den aktuellen Preisen und Zinsen finanziell überfordert und suchen mittlerweile eher nach Mietwohnungen“, sagt Karlsruhes Baubürgermeister Daniel Fluhrer, der auch Aufsichtsratschef von Volkswohnung ist. Neben den Eigentumswohnungen gibt es auch 302 Mietwohnungen in dem Neubau. Volkswohnung steckt in einem Dilemma: Die Eigentumswohnungen seien nicht billig, da „das Projekt teurer wurde als geplant“, erklärt Fluhrer: „Wenn wir sie nicht verkaufen können und in Mietwohnungen umwandeln müssen, fehlt das Geld, um weitere Wohnungen bauen oder sanieren zu können.“ Die Wohnungen günstiger anzubieten, ist aber auch keine Option: Die Kalkulation geht im Neubau schon jetzt nicht mehr auf. Auch bei Bestandsimmobilien können Verkäufer in Karlsruhe nicht mehr jeden beliebigen Preis erzielen. Die Zeiten, in denen es sehr viele Kaufinteressenten für nahezu jedes Objekt gab, seien vorbei, sagt Katja Schmidt, Geschäftsführerin beim Maklerunternehmen Engel & Völkers in Karlsruhe. Neuere Häuser ohne großen Renovierungsbedarf gingen immer noch zügig weg, wohingegen ältere, sanierungsbedürftige Objekte nur zu einem angepassten Preis zu vermarkten seien. Insgesamt sei die Nachfrage nach Wohnimmobilien in der badischen Großstadt aber nach wie vor hoch, und das in fast allen Lagen, betont Schmidt. In die Fächerstadt, wie Karlsruhe wegen seines Grundrisses mit 32 strahlenförmig angelegten Alleen rund um das barocke Schloss auch genannt wird, kommen viele Menschen zum Arbeiten oder Studieren – die dann auch dort wohnen wollen. Karlsruhe gilt als bedeutender Wirtschafts- und Forschungsstandort Nicht nur sind der Bundesgerichtshof und das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe angesiedelt. Auch die Drogeriemarktkette dm und der Energiekonzern EnBW haben hier ihren Hauptsitz, und bekannte Unternehmen wie Bosch, Siemens und Ionos sind mit Standorten vertreten. Nicht zuletzt gehört das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) zu den besten Universitäten in Deutschland. Mittelfristig schätzen Experten den Ausblick für den Karlsruher Immobilienmarkt daher positiv ein. Laut einer Studie, die das Hamburger Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) im Auftrag der Postbank erstellt hat, werden die Kaufpreise für Eigentumswohnungen im Bestand in der Stadt Karlsruhe bis 2035 um 0,51 Prozent pro Jahr, im Landkreis sogar um 0,76 Prozent steigen – und damit über dem Bundesdurchschnitt von 0,4 Prozent. Von den Verwerfungen nach dem drastischen Zinsanstieg an den Finanzmärkten ab dem Jahr 2022 blieb der Karlsruher Immobilienmarkt zwar nicht verschont, er hat sich jedoch wieder etwas erholt. Sowohl der Wertumsatz als auch die Zahl der Verkäufe sind zuletzt wieder gestiegen, wie der Gutachterausschuss der Stadt Karlsruhe meldete. Der Gesamtumsatz von 1,075 Milliarden Euro im Jahr 2024 unterstreicht laut Rüdiger Huck, Leiter der städtischen Grundstücksbewertungsstelle, dass „der Immobilienmarkt in Karlsruhe weiter ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist“. Auch die Daten, die das Analysehaus vdp Research exklusiv für das Handelsblatt ermittelt hat, untermauern die Stabilität des Markts: Die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser stiegen im vergangenen Jahr um 0,2 Prozent auf einen durchschnittlichen Quadratmeterpreis von 4810 Euro. Eigentumswohnungen verteuerten sich um 0,7 Prozent auf 4040 Euro pro Quadratmeter. Von den 2301 Kauffällen, die der Gutachterausschuss 2024 erfasst hat, entfiel der Großteil auf Eigentumswohnungen. Michael Fenderl, Senior Analyst Immobilienmarkt bei vdp Research, sagt: „Hier dominieren bei der Attraktivität vor allem die Innenstadtrandlagen wie etwa Südstadt, Südweststadt, Weststadt und Oststadt sowie Waldstadt und Durlach.“ Auffällig war vor allem der Verkauf von zwei Eigentumswohnungen am Durlacher Hengstplatz, bei dem erstmals in Karlsruhe die Marke von 8000 Euro je Quadratmeter übertroffen wurde. Die Hanglagen in Durlach zählen zu den besten Wohngegenden der Stadt Der kleine Platz mit seinen hohen alten Bäumen ist attraktiv gelegen, zentral in Durlach und mit guter Straßenbahnanbindung in die Karlsruher Innenstadt. Zugleich zeichnet er sich durch seine Nähe zum Turmberg aus, der zu den besten Wohnlagen Karlsruhes zählt – unter anderem neben dem Märchenviertel in Rüppurr und dem Musikerviertel in Mühlburg. Solch hohe Quadratmeterpreise wie in diesem Fall dürften in Karlsruhe dennoch die Ausnahme bleiben. Der Markt werde nicht so schnell auf die Höchststände aus den Jahren 2021 und 2022 zurückkommen, auch „weil sich die Bauzinsen auf einem höheren Niveau eingependelt haben“, erklärt Schmidt von Engel & Völkers. Für das laufende Jahr rechnet vdp Research mit weiteren moderaten Preisanstiegen – bei Eigentumswohnungen um drei Prozent, bei Ein- und Zweifamilienhäusern um 2,3 Prozent. „Die Trendviertel im Eigenheimsegment befinden sich vor allem in Knielingen, Neureut, Hagsfeld und Grötzingen“, sagt Fenderl. In den beiden letztgenannten Stadtteilen sei zuletzt ein überdurchschnittlich dynamisches Preiswachstum registriert worden. Die Kaufinteressenten gehen aber längst nicht überall bei den Preisvorstellungen der Anbieter mit. „Wir beobachten, dass Verkäufer insbesondere im Karlsruher Umland hohe Preise fordern, die oft nicht zu realisieren sind“, sagt Schmidt von Engel & Völkers. Grundsätzlich gelten vor allem die Gemeinden im Landkreis Karlsruhe, die unmittelbar an die Stadt grenzen, als beliebte Wohngegenden – wie etwa Ettlingen im Süden, Pfinztal im Osten sowie Eggenstein-Leopoldshafen und Stutensee im Norden. Ältere Wohnimmobilien mit Sanierungsstau stünden aber in der Gunst der Käufer ganz unten, beobachtet der Immobilienverband IVD Süd. Bei Bestandsimmobilien seien die energetischen Angaben ein Riesenthema geworden, das die Kaufpreise deutlich beeinflussen könne, sagt auch Schmidt von Engel & Völkers: „Die Käufer kalkulieren heute sehr genau und auch aufgrund neuer Auflagen für die finanzierende Bank, wie viel Geld sie noch für neue Fenster, Dach, Heizung oder Dämmung ausgeben müssen.“ Wohnbauunternehmen schwenken von Neubau auf Bestandssanierung um Die Banken müssten im Rahmen der EU-Taxonomie nun strengere Nachhaltigkeitsstandards umsetzen, erklärt Bürgermeister Fluhrer: „Viele Immobilieneigentümer sanieren daher nun ihre Bestände, bevor sie keinen Kredit für ihre Altbauten mehr bekommen.“ Auch Volkswohnung schwenke daher verstärkt von Neubau auf Bestandssanierung um. Die meisten Wohnbaugesellschaften und Baugenossenschaften haben den Neubau laut Fluhrer sogar komplett eingestellt, weil sich der überwiegende Teil der Bauprojekte wegen der gestiegenen Kosten nicht mehr rechne. Früher hätten Bauwillige in Karlsruhe oft lange auf die Genehmigung warten müssen, sagt Fluhrer: „Heute stehen wir vor dem Problem, dass viele Investoren trotz Genehmigung nicht mehr anfangen zu bauen.“ In der Stadt seien derzeit etwa 1000 bis 2000 Wohnungen genehmigt, die aktuell nicht gebaut würden. Ein Beispiel sei das Areal auf dem alten Flugfeld in der Nordstadt. Auf dem ehemals militärisch genutzten Gelände zwischen Erzbergerstraße und dem Naturschutzgebiet „Alter Flugplatz“ soll eigentlich ein vielfältiges und gemischt genutztes Stadtquartier entstehen. Doch die Grundstücke – wie von der Stadt geplant – an gemeinwohlorientierte Baugruppen zu vergeben, gestaltet sich als schwierig. An anderen Stellen kämpfe die Stadt mit „einer gesetzlichen Überregulierung“, ergänzt Fluhrer. Hier nennt er das Neubaugebiet am Oberen Säuterich in Durlach. Dort gebe es zahlreiche Auflagen hinsichtlich des Artenschutzes, des ökologischen Ausgleichs oder der Lärmentwicklung. Dass sich das Verfahren so lange ziehe, stoße bei der Bevölkerung auf Unverständnis. „Bald können wir dort aber den nächsten Schritt gehen“, verspricht er. Mieter finden in Karlsruhe dagegen akzeptable Bedingungen. „Die Durchschnittsmiete in Karlsruhe entwickelt sich parallel zum Landesdurchschnitt in Baden-Württemberg und liegt in der Regel einen Euro darüber“, sagt Fluhrer. Im Verhältnis zur Stadtqualität sei diese Entwicklung moderat. Bei den Neuvertragsmieten ermittelte vdp Research 2024 einen Durchschnittspreis von 13,40 Euro je Quadratmeter und rechnet im laufenden Jahr mit einem Plus von 4,5 Prozent. Das Mietangebot in Baden-Württemberg steigt wieder an Der Immobilienverband IVD Süd beobachtete im ersten Quartal 2025 in vielen Städten Baden-Württembergs ein steigendes Mietangebot – so auch in Karlsruhe. Ein Teil der Kaufklientel, die wegen der hohen Preise zwischenzeitlich auf Mietobjekte umgeschwenkt ist, sei wieder stärker bereit, in Wohnimmobilien zu investieren, sagte Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts, bei einer Pressekonferenz. Der Interessent für eine Wohnung im August-Klingler-Areal hat sich dennoch gegen den Kauf entschieden. Er hofft darauf, für seine Mutter, die durch einen Umzug nach Karlsruhe näher bei Kindern und Enkeln leben könnte, noch ein passenderes Angebot zu finden. Mehr: Welche Sanierung lohnt sich für ihr Haus? Berechnen Sie es hier Erstpublikation: 17.06.2025, 10:38 Uhr.