Messebericht
Generationswechsel am Rhein

Düsseldorf. Nichts ist so beständig wie der Wandel, weiß eine Redensart. Und der Wandel vollzieht sich aktuell so rasend schnell und chaotisch, wie es die Welt zumindest seit 1989 nicht erlebt hat. Sich langsamer entwickelnde Tendenzen auch in kleineren Strukturen wie dem Kunstmarkt erhalten dadurch mitunter eine andere Bedeutung, je nachdem, ob sie als Verlust oder Gewinn empfunden werden. Dazu gehört ein Generationswechsel, der an der Messe „Art Düsseldorf “, einem Zentrum der zeitgenössischen Kunstszene der Bundesrepublik, sichtbar wird.
Angesprochen auf die aktuelle Weltlage und deren möglichen Einfluss auf den Kunstmarkt erklärt Messedirektor Walter Gehlen: „Angesichts der zahlreichen protektionistischen Tendenzen in der Welt hat eine weltoffene Region wie Deutschland gute Karten.“ Seine Messe sieht er gut aufgestellt. „Die Stimmung hier im Rheinland erlebe ich als sehr positiv. Die Zahl der ausländischen Sammler, die sich aus Korea, Belgien, Italien, Luxemburg, der Türkei oder Japan zusätzlich angemeldet haben, ist satt dreistellig.“ Die Bedeutung von Kunst und Kultur sei größer denn je: „Aktuell wird auch wieder klarer, welche Aufgabe Plattformen wie Galerien, Institutionen und auch Kunstmessen in einer offenen Gesellschaft haben.“
Der Generationswechsel wird besonders deutlich an den beiden Düsseldorfer Galerien Hans Mayer und Max Mayer, die zuletzt beide im Schmela Haus in der Mutter-Ey-Straße untergebracht waren. Die Art Düsseldorf ist ihre letzte gemeinsame Messe. Im Sommer schließt nach 60 Jahren Hans Mayer, Max Mayer wird nach Berlin ziehen. „Die beiden Galerien sind zwei Unternehmen, und ich bin wahrscheinlich nur Galerist, weil mein Vater Galerist war“, erklärt Max. „Das ältere Unternehmen, die Galerie Hans Mayer, will, muss, wird Ende des Jahres schließen, und als einer der zwei Mieter des Hauses musste ich entscheiden, wie es weitergehen kann.“ Bitter für das Rheinland: „Letztlich ist das Wichtigste das Programm der Galerie. Und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass ich hier erreicht habe, was man erreichen konnte. An Berlin interessiert mich der Diskurs. Hier existiert zum Beispiel keine überregionale Zeitung, die relevante Beiträge publizieren würde.“

Die Galerie Konrad Fischer aus Düsseldorf ist das Urgestein nicht nur der Messe, sondern auch der deutschen Galerienszene überhaupt. An der Art Düsseldorf nimmt sie nicht nur aus Pflichtgefühl teil. Im letzten Jahr hat sie eine riesige Arbeit von Richard Long an die Düsseldorfer Arthena Foundation verkauft, die im Juni Teil einer großen Ausstellungsreihe im Rheinland und Ruhrgebiet anlässlich des 80. Geburtstags des Künstlers sein wird. Nebenbei erzählt Direktor Thomas Rieger noch von der Eröffnung der neuen Filiale in Los Angeles, die den ebenfalls auf Richard Long zurückgehenden launigen Namen Okey Dokey Konrad Fischer trägt. Der Stand der Galerie versteckt sich fast vor einer riesigen vorhangartigen Installation von Edith Dekyndt, den „Specific Subjects“ für 60.000 Euro.
Das Kölner Auktionshaus Van Ham hat sich sozusagen in die Messe hineingemogelt mit ihrer Nachlassabteilung Van Ham Art Estate und zeigt dort Arbeiten des 2023 verstorbenen Torsten Slama, einem Schüler von Fritz Schwegler an der Düsseldorfer Akademie. Neben Gemälden und Zeichnungen an den Wänden ist in einer Vitrine eine Zeitreise in die Düsseldorfer bis Frankfurter Kunstszene der Neunziger- bis Nullerjahre aufgebaut. Da kommt Nostalgie auf. In diese Zeit fällt auch die Gründung der Galerie Buchmann, die André Buchmann vor 30 Jahren in Köln eröffnete, um zehn Jahre später nach Berlin zu ziehen. Im Rheinland gehört er damit zur dritten Galeristengeneration, in Berlin zur zweiten.
Bei ihrer ersten gemeinsamen Messeteilnahme zeigen die Mega-Galerie Pace mit ihrer neuen Berliner Filiale und Mennour aus Paris vor einer Wand mit DIN-A4-Seiten voller maschinengetippter Genomsequenzen Arbeiten von Alicja Kwade.
Zur jungen Galerienriege gehört Anton Janizewski aus Berlin, der in Düsseldorf zum dritten Mal dabei ist. Die Art Düsseldorf war seine erste Messe überhaupt, und er hält ihr die Treue, nicht zuletzt wegen des Ankaufprogramms des Kunstpalasts. „Ich war zwar noch nie dabei, aber ich gebe die Hoffnung nicht auf “, erklärt er lachend. „Irgendwann ist einer meiner Künstler auch mal dran, da bin ich mir sicher.“

Immer noch stark ist im Rheinland der Markt; viele Institutionen und Privatsammlungen machen die Region attraktiv. Die Berliner Galerie Friese versucht sich an einem Heimspiel mit neuen Arbeiten von Cornelius Völker. Die großformatigen Blumenstillleben kosten 27.500 und 36.500 Euro. Die Künstlerin Anna Leonhardt teilt sich Friese mit der ebenfalls hier ausstellenden Galerie Zink aus Waldkirchen. Ihre Arbeiten Kosten 3500 bis 25.000 Euro.
Die Anbindung an die lokale Szene funktioniert auch für die Münchener Galerie Sperling hervorragend. Sie hat bisher fast jede Ausgabe mitgemacht und zeigt in diesem Jahr die Gursky-Schülerin Anna Vogel mit kleinen digital konstruierten Found-Footage-Fotografien, zum Teil von Hand bearbeitet, mit Preisen zwischen 3000 und 3700 Euro. Letztes Jahr haben sie hier mit Vogel eine Soloshow bestritten und damit ihren besten Messeerfolg überhaupt erzielt.
Sebastian Riemer, der bei Christopher Williams und Thomas Ruff in Düsseldorf studiert hat, verhackstückt für seine Digitaldrucke bei Galerie Dix9 aus Paris Stock-Fotografie mit den für heute recht archaischen Algorithmen von Photoshop, um zu amorphen Gebilden mit scharfen Farbabbrüchen zu kommen, zu denen zeitgenössische KI von allein nicht in der Lage ist. Die Arbeiten kosten von 5800 bis 21.000 Euro.
Anca Poterasu aus Bukarest ist erstmals in Düsseldorf. Sie wurde von Linda Peitz, der Kuratorin der Sektion „Tales of Transformation“ eingeladen, Iulian Bisericarus Auseinandersetzung mit der Naturzerstörung in Rumänien durch einen kanadischen Bergwerkskonzern zu zeigen. Die kleinen Goldgrundgemälde zeugen en passant von der orthodoxen Bildtradition Rumäniens und kosten zwischen 2000 und 2500 Euro. An Internationalität mangelt es der Art Düsseldorf ausstellerseitig noch ein wenig. Umso wichtiger sind die kuratierten Sektionen, die mit ihren günstigen Standpreisen und der erhöhten Sichtbarkeit Blicke über den Tellerrand ermöglichen.