Warren Buffett: 15 Käufe und Verkäufe – Wie der Investor sein Depot umbaut

Warren Buffett hat mit seiner Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway das sechste Quartal in Folge mehr Aktien verkauft als gekauft. Das zeigen Daten der US-Börsenaufsicht SEC, die in der Nacht auf Freitag veröffentlicht wurden und die das Handelsblatt ausgewertet hat. Demzufolge sah der mittlerweile 94-Jährige im schwachen ersten Quartal am US-Aktienmarkt keine großen Kaufchancen. Stattdessen verkaufte er zwei Positionen komplett, bei sechs weiteren reduzierte er sein Investment. Zwar stockte er gleichzeitig bei sieben Aktien auf, allerdings handelt es sich dabei meist um kleinere Werte im Berkshire-Portfolio – wobei zumindest bei einem Wert die Entwicklung auffällig ist. Der 94-jährige Buffett gilt als einer der erfolgreichsten Investoren aller Zeiten. Er hat immer wieder ein gutes Händchen für Aktieninvestments bewiesen. Daher werden seine Portfolio-Bewegungen von Investoren aus der ganzen Welt eng verfolgt, teils kopieren sogar professionelle Anleger seine Trades. Die SEC-Daten bilden das Depot zum 31. März ab, also zum Quartalsende. Es ist das viertletzte Mal, dass ein von Buffett gesteuertes Berkshire-Aktienportfolio veröffentlicht wurde. Er hat Anfang des Monats seinen Rückzug aus dem Unternehmen zum Jahresende angekündigt. Die Veränderungen seines Depots im Überblick: 1. Rückzug aus Finanzsektor Im ersten Quartal setzte Buffett den bereits im Vorjahr gestarteten Verkauf von Finanztiteln fort: Er trennte sich von allen Aktien der US-Großbank Citigroup sowie von allen Anteilen am Fintech Nu Holdings. Außerdem reduzierte er seine Position bei der Bank of America um sieben Prozent und beim Finanzdienstleister Capital One um vier Prozent. Der Rückzug aus dem Finanzsektor kann ein Zeichen sein, dass Buffett mit einer schwächeren wirtschaftlichen Entwicklung in den USA rechnet, erklärt Thomas Kleber. Der Investmentchef des Vermögensverwalters Pecora Capital in Liechtenstein und Buffett-Experte sagt: „Banken sind schlechte Aktien, wenn es in einer Rezession geht.“ In solchen Phasen steigen die Kreditausfälle bei den Banken. Weil gleichzeitig weniger investiert wird und die Notenbank häufig die Zinsen senkt, um die Wirtschaft zu stabilisieren, können auch Einnahmen aus dem Zinsgeschäft sinken. Dadurch zählen Bank-Aktien zu den konjunktursensiblen Titeln, die in einer Rezession über ein deutliches Abwärtsrisiko verfügen, rechnet Kleber vor. „Das Verhältnis von Kurs zu materiellem Buchwert der Bank of America ist seit 2011 gestiegen und liegt aktuell bei 1,6. Damit erscheint die Aktie fair bewertet. In einer Rezession kann dieses Verhältnis jedoch deutlich unter eins fallen." Allerdings ist die Bank of America mit einem Wert von 26 Milliarden Dollar und mit einem Anteil von zehn Prozent immer noch die viertgrößte Position im Berkshire-Depot. Der Kreditkartenanbieter American Express, bei dem Buffett im ersten Quartal weder Aktien kaufte noch verkaufte, ist mit einem Gewicht von 15 Prozent die zweitgrößte Position. 2. Weitere kleinere Verkäufe Hinzu kommen vier weitere kleinere Verkäufe: Zum einen senkte Buffett seine Position beim Kabelfernsehunternehmen Charter Communication um 0,5 Prozent und beim Gesundheitsunternehmen Davita um knapp drei Prozent, zum anderen verkaufte er knapp elf Prozent seiner Aktien des Telekommunikationsunternehmens T-Mobile US und gut 14 Prozent vom Medienunternehmen Liberty Media. Gerade die Verkäufe bei T-Mobile US sind aus deutscher Perspektive interessant, schließlich ist die US-Tochter der Deutschen Telekom der Wachstumstreiber des Gesamtkonzerns. Die Aktie hat sich in den vergangenen Jahren gut entwickelt, allerdings ist auch die Bewertung gestiegen – ein für Buffett entscheidender Faktor. Dadurch ist das Enttäuschungspotenzial gewachsen. Zu spüren bekamen das die Aktionäre Anfang Mai, als T-Mobile mit seinen Quartalszahlen die Analysten-Erwartungen bei den Neukunden knapp verpasste. Die Aktie brach daraufhin um mehr als zehn Prozent ein. Bereits im Vorquartal hatte Buffett T-Mobile-Aktien verkauft. Mittlerweile haben sie nur noch einen Anteil von 0,4 Prozent am Berkshire-Portfolio. 3. Sieben Zukäufe Gleichzeitig kaufte Buffett bei sieben Aktien zu: beim Getränkeanbieter Constellation Brands, der hinter den Marken Corona und Modelo Especial Bier steht sowie Meiomi, Robert Mondavi und Kim Crawford Weine, beim Pizzaproduzenten Dominos, der moderne Technologien wie Künstliche Intelligenz einsetzt, um auf die Bedürfnisse der Kunden zu reagieren, beim Luft- und Raumfahrtunternehmen Heico, das Produkte für Flugzeuge, Raumfahrzeuge, Verteidigungsausrüstung, medizinische Geräte und Telekommunikationssysteme herstellt, beim Ölkonzern Occidental Petroleum, auf den Buffett sei Jahren setzt, der aber derzeit unter dem niedrigen Ölpreis leidet, bei Pool, nach eigenen Angaben weltweit führender Händler für Schwimmbadzubehör, der sich seit dem dritten Quartal 2024 im Berkshire-Portfolio befindet, beim Satellitenradioanbieter Sirius XM, den Buffett wegen seiner hohen Dividendenrendite schätzt und beim Webdienstleister Verisign, bei dem Buffett bereits seit 2012 investiert ist. Von diesen Werten haben den größten Anteil im Berkshire-Portfolio Occidental (5,1 Prozent), Sirius XM (1,0 Prozent) und Verisign (1,3 Prozent) – allerdings stockte Buffett hier am wenigsten auf (maximal um zwei Prozent). Bei Heico und Dominos Pizza erhöhte Buffett seinen Anteil um zehn Prozent. Bei Constellation Brands steigerte Buffett seine Position um knapp 114 Prozent und bei Pool sogar um fast 145 Prozent. Während Pool dennoch lediglich auf ein Gewicht von 0,2 Prozent im Berkshire-Portfolio kommt, sind es bei Constellation Brands nun immerhin 0,9 Prozent. Auffälliger ist aber noch eine andere Zahl in Bezug auf Constellation Brands: Denn mittlerweile hält Buffett mehr als zwölf Millionen Aktien des US-Unternehmens im Wert von 2,2 Milliarden Dollar – das sind fast sieben Prozent aller Anteile. Damit ist er zum drittgrößten Aktionär aufgestiegen. Allerdings bezweifelt Pecora-Experte Kleber, dass Constellation Brands ein Kauf von Buffett ist: „Buffett kümmert sich nur um die größeren Investments. Früher lag die Schwelle bei drei oder vier Milliarden Dollar, heute dürfte sie eher bei fünf Milliarden Dollar liegen. Um alles darunter kümmern sich seine Investmentmanager Ted Weschler und Todd Combs.“ Den Kauf der Aktie kann Kleber aber nachvollziehen. „Constellation Brands hat seinen Nettogewinn pro Aktie in den vergangenen Jahre konstant ausgebaut.“ Der Aktienkurs erlitt kürzlich einen empfindlichen Rückschlag infolge einer Abschreibung immaterieller Vermögenswerte und geriet zusätzlich durch den Zollstreit der USA mit dem Rest der Welt unter Druck. „Jetzt ist die Aktie so günstig wie zuletzt in der Covid-Krise und davor 2012“, sagt Kleber. 4. Buffett baut eine geheime Position auf Durch die Aktienverkäufe sind die Cash-Reserven von Berkshire weiter gestiegen – auf den Rekordwert von 347,7 Milliarden Dollar. Ob Berkshire einen Teil dieses Geld bald investiert, wird in der Finanzwelt mit Spannung verfolgt. Schließlich sucht er schon lange nach einem großen Deal. Zuletzt wäre Buffett fast ein zehn Milliarden Dollar umfassendes Investment eingegangen, offenbarte er bei der Berkshire-Jahreshauptversammlung Anfang Mai. Doch am Ende habe er abgesagt. „Wir würden aber auch 100 Milliarden Dollar ausgeben“, stellte Buffett klar. „Solche Entscheidungen sind nicht schwer zu treffen, wenn uns etwas angeboten wird, das für uns Sinn ergibt, das wir verstehen und das einen guten Wert bietet.“ Bis dahin könnten Jahre vergehen, sagte er weiter. „Aber in fünf Jahren ist es nicht unwahrscheinlich.“ Tatsächlich könnte es nun aber schneller gehen. Denn im ersten Quartal baute Buffett mindestens eine Aktienbeteiligung auf, die er in Absprache mit der SEC geheim halten will. Das geht aus einem separaten Dokument der Börsenaufsicht hervor. Das passiert typischerweise, wenn Berkshire große Positionen aufbaut und nicht will, dass Nachahmer den Preis in die Höhe treiben. Zuletzt hatte Buffett dies vor seinem Einstieg beim Ölkonzern Chevron und beim Telekomriesen Verizon vor fünf Jahren beantragt sowie im vergangenen Jahr bei Chubb. Der Schweizer Versicherer ist das bislang letzte größere Aktieninvestment von Buffett. Seinen Einstieg machte er im Mai 2024 bekannt, Ende März hielt er 27 Millionen Aktien im Wert von gut acht Milliarden Dollar. Mehr: Buffett nennt Rücktrittsgründe und versichert trotz Abschied: „Ich könnte bei Panik an den Märkten nützlich sein“