Kommentar
Ein Maulkorb für die Kirchen – Klöckners unpassender Vorstoß


Es ist ein bemerkenswerter Vorgang kurz vor Ostern: Die neue CDU-Bundestagspräsidentin Julia Klöckner – immerhin zweithöchste Repräsentantin im Staat – spricht den Kirchen öffentlich eine Art Redeverbot aus. Sie wünsche sich eine „starke Stimme“, aber bitte nur zu Kernthemen. Also: Abtreibung und Sterbehilfe ja, Tagespolitik nein.
Barmherzigkeit ja, aber bitte nicht zu laut und nur da, wo es der CDU nicht wehtut. Die Kirche werde immer mehr zu einer NGO, beschwert sich Klöckner.
Zu Letzterem kann man sagen: Die katholische Kirche ist eine NGO, und zwar eine sehr große, mit weltweit 1,2 Milliarden Mitgliedern. Auch wenn in Deutschland unter anderem wegen der Missbrauchsskandale Hunderttausende Menschen jedes Jahr aus den christlichen Kirchen austreten, mit rund 40 Millionen Mitgliedern sind sie nach wie vor die größten Nichtregierungsorganisationen im Land.
Die Enttäuschung, die aus Klöckners Worten spricht, hat weniger mit Theologie als mit Parteipolitik zu tun. Dass sich führende Kirchenvertreter zuletzt kritisch zur Migrationspolitik von Friedrich Merz äußerten, scheint die Union schwer zu verdauen. Dabei wäre es Aufgabe gerade einer christlich geprägten Politik, sich dieser Kritik zu stellen – statt mit Maulkorb-Fantasien zu reagieren.