Guide Michelin
Die deutsche Spitzengastronomie bekommt mehr Sterne denn je

Frankfurt. Mehr Glanz war angeblich nie über der deutschen Spitzengastronomie. Mit einem Rekord von 341 ausgezeichneten Restaurants – eines mehr als vergangenes Jahr – würdigt der Guide Michelin die Leistung der deutschen Restaurants.
Erstmals sind zudem gleich zwölf Restaurants mit drei Sternen bedacht worden, der höchsten Auszeichnung. Die Neuzugänge sind das Restaurant Haerlin im Hamburger Hotel Vier Jahreszeiten und in München das Tohru in der Schreiberei.
Auch in der Kategorie zwei Sterne sind unter den 47 Adressen zahlreiche aufgestiegene Restaurants (siehe Tabelle).
Die hohe Zahl überrascht, befindet sich die Gastronomie doch laut Branchenstimmen in einer schwierigen Phase. Auch ausgezeichnete Restaurants können anders als früher nicht darauf bauen, dass die Auszeichnung das wirtschaftliche Überleben sichert. Erst vergangenes Jahr schloss kurz nach der Verleihung des zweiten Sterns das SEO Küchenhandwerk von Roland Pieber im Seevital Hotel am Bodensee.
Zahlreiche Betriebe hören einfach auf. Im ersten Halbjahr 2024 meldeten 552 Restaurants Insolvenz an. Auch prominente TV-Köche wie Steffen Henssler gehörten dazu, wenngleich es zunächst ausschließlich seine Kette an Sushi-Restaurants betraf und nicht sein Restaurant im Hamburger Hafen.
Fokus liegt nicht immer auf Profitabilität
Für Gwendal Poullennec, seit 2018 internationaler Direktor aller Ausgaben des Guide Michelin, ist es kein Widerspruch, dass mehr Restaurants ausgezeichnet werden, obwohl viele Betriebe die wirtschaftlich schwierige Lage spüren. Denn bei Restaurants mit hoher Qualität stehe nicht immer die Profitabilität im Vordergrund.
„Viele Betreiber sehen Restaurants mit hoher Qualität der Küche als besondere Projekte“, sagt er. In Deutschland wäre der Bedarf da. Dafür sprächen sowohl die Zahl der Neueröffnungen als auch die Änderung in der regionalen Verteilung der Restaurants: „Als ich vor 20 Jahren beim Michelin begann, konnte man in Deutschland nicht überall gut essen“, sagt Poullennec. Heute fänden sich empfehlenswerte Adressen in nahezu jeder Gegend.

Aus dieser kulinarischen Oberliga steigen nur wenige Betriebe ab. Prominentestes Beispiel sind das Lorenz Adlon Esszimmer im Hotel Adlon, das von zwei auf einen Stern abgewertet wurde, und das Münchener Restaurant Acquarello von Mario Gamba.
33 Betriebe haben einen von zwei Sternen verloren oder gar keine Auszeichnung mehr erhalten. Ein Blick in die Liste offenbart aber, dass nicht alle Streichungen solche sind. Das Restaurant Irori in Neustadt an der Weinstraße verlor seinen Stern, um ihn als Restaurant Irori im benachbarten Knittelsheim sofort wieder verliehen zu bekommen. Ähnliches gilt für das Purs in Andernach, das ihn unter diesem Namen verlor und mit der Erweiterung New Nordic Japanese Cuisine verliehen bekam.
Gelungene Neueinstiege
Unter den Neuzugängen der Ein-Sterne-Restaurants finden sich echte Neueröffnungen wie das SchwarzGold in Dortmund, aber auch bekannte Namen. Thomas Bühner, der lange Jahre in Osnabrück mit dem La Vie drei Sterne hatte, eröffnete erst im April dieses Jahres das la vie by Thomas Bühner im One Metro Campus quasi im Auftrag des Düsseldorfer Konzerns.
Gelungen ist auch die „Operation Stern“ im Restaurant Überfahrt im Althoff Seehotel Überfahrt am Tegernsee. 2023 verließ der damalige Drei-Sterne-Koch Christian Jürgens das Restaurant nach Vorwürfen des Machtmissbrauchs. Seit September 2024 leitet Cornelia Fischer das Restaurant, das sie wieder zu einer gut bewerteten Adresse machen soll. Der erste Schritt ist gelungen, und sie hat einen Stern verliehen bekommen.
Erstpublikation: 17.06.2025, 19:38 Uhr.