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Auktionen

Teure Altmeister werden ein Opfer des Geschmackswandels

Lempertz' Auktionen für Alte Kunst bestätigen den Trend. Sakrale Themen und Genrebilder haben es schwer. Gefragt sind meditative Stillleben und Landschaften mit guter Provenienz.Christian Herchenröder 23.11.2023 - 08:15 Uhr

Köln. In den Herbst-Auktionen Alter Kunst bei Lempertz zeigte sich Ende letzter Woche der Geschmackswandel deutlicher denn je. Das betrifft vor allem Altmeister-Gemälde. Schon in den betreffenden Auktionen bei Koller und im Wiener Dorotheum war eine starke Selektion zu spüren.

In Köln gingen jetzt sechsstellig geschätzte Werke von Lucas Cranach, Jacob Jordaens, Isaac van Ostade, Cornelis de Heem zurück. Sie repräsentieren genau die Bildgattungen, die nicht mehr gefragt sind: das religiöse Bildnis des leidenden Christus, die in mehreren Fassungen überlieferte „Genre“-Szene aus dem Alltagsleben, das nicht lupenrein erhaltene „Eisvergnügen” und das üppige Früchtestilleben. Auch Blumenstillleben tun sich schwer.

Aber es gibt ein starkes Interesse an meditativen Stillleben, die frei von Überladungen sind und vor deren dunkler Tonigkeit die Lichtreflexe der Weingläser und Metallgefäße magisch hervortreten. Ein solches Paradestück Haarlemer Prägung ist Willem ClaeszHedas Stillleben mit Römer, Flötenglas und Silberbecher. New Yorker Handel hob es jetzt von 140.000 auf brutto 277.200 Euro.

In der Hochzeit des Stillleben-Booms in den 1990er-Jahren hätte das Bild mühelos das Dreifache eingespielt. Auch Vanitas-Stillleben mit reichem Symbolgehalt lassen sich absetzen, wie ein in den 1970er-Jahren von dem Fine Arts Museum San Francisco vermarktetes exemplarisches Werk von dem Leidener Meister Ewaert Collier zeugt. Es wurde für 69.300 Euro von einem online bietenden polnischen Sammler ersteigert.

Höchst begehrt waren hingegen zwei Gemälde aus dem 19. Jahrhundert. Wilhelm Leibls lupenreines realistisches Frühwerk „Ein Kritiker” wurde seit dem Jahr seiner Entstehung 1868 in derselben rheinischen Privatsammlung gehütet. Es schnellte von 200.000 auf 403.200 Euro. Gegen Untergebote eines belgischen und eines rheinischen Sammlers siegte ein ostdeutscher Sammler, der meist im Bereich der Moderne aktiv ist.

Kurz darauf wurde eine Abendlandschaft mit Fuhrwerk des seit 1876 in München wirkenden Polen Alfred von Wierusz-Kowalsky ausgerufen. Reproduktionen seiner Bilder in Zeitschriften der Zeit wie „Gartenlaube” oder „Daheim” machten ihn einem breiten Publikum bekannt. Heute sind es polnische Sammler, die Hochpreise bewilligen wie die 302.400 Euro für diese Abendlandschaft, die fünf polnische Bietern ersteigern wollten.

Das erste Los der Auktion, das Tafelbild einer Madonna mit Kind eines süddeutschen Meisters der Spätgotik, übernimmt für 27.720 Euro eine Londoner Galerie für zeitgenössischer Kunst. Auch das ist Teil eines Geschmackswandels. Es gibt immer mehr Galerien und vor allem Künstler, die das eine oder andere Werk der Alten Kunst erwerben, während sich das Stammpublikum dieser Sparte entweder aus alten oder aus ganz jungen Käufern zusammensetzt.

Kunsthändler bieten nur zurückhaltend mit

Der einschlägige Handel, der auf den Messen diesen Jahres weniger erfolgreich als noch 2022 war, hält sich - wie auch die Londoner und New Yorker Auktionen zeigen - stark zurück. Bei Lempertz sind es immer wieder belgische Sammler, die mit markanten Geboten den Absatz prägen.

So ging das museale Großformat „Das letzte Abendmahl” des in Rom geschulten Flamen Michiel Coxcie I, das aus einer Mechelner Ordensgemeinschaft eingeliefert wurde, für 201.600 Euro in belgischen Privatbesitz; desgleichen eine nicht minder museale „Anbetung der Hirten” des Brüsseler Manieristen Hendrick de Clerck. Es stammt aus einer italienischen Privatsammlung.

Deutlich unter seiner Taxe wurde eine figurenreiche Landschaft des Leidener Genremalers Jan Steen für 138.600 Euro an einen neuen Kunden aus Azerbaijan abgesetzt, der auch für 50.400 Euro ein Historienbild von Willem van Mieris erwarb: ein Prachtstück später Leidener Feinmalerei.

Dass die holländische Landschaftsmalerei seit über zehn Jahren schwächelt, hat sich herumgesprochen. Aber immer wieder kommen einzelne Werke dank ihrer Provenienz erstaunlich gut über die Runden. Hier war es eine Flusslandschaft mit Wasserschloss des inzwischen schwach bebotenen Jan van Goyen, die wegen ihrer Herkunft aus der berühmten Amsterdamer Galerie Goudstikker dank einem Schweizer Sammler von 22.000 auf 73.000 Euro stieg.

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Bietgefecht um das Porträt eines Höflings

Eine folgende Van Goyen-Landschaft ging zurück. Das längste Bietgefecht und das breiteste internationale Interesse in dieser Auktion weckte das Porträt eines farbigen Höflings, das 1981 noch als Werk des preußischen Hofmalers Antoine Pesne galt. Jetzt ist das Bildnis als „Deutscher Meister um 1760/70” katalogisiert.

Ein norwegisches Museum gehörte zu den Unterbietern aus aller Welt, als dieses interessante Werk der Aufklärung von 12.000 auf 201.600 Euro stieg. Käufer ist ein Amsterdamer Sammler.

Bei der Kunst des 19. Jahrhunderts waren es die sogenannten niederländischen Romantiker des späteren 19. Jahrhunderts, die auf der Strecke blieben. Dafür wurden die Werke des in Rom zu Ruhm und Aufträgen gelangten Landschaftsmalers Jacob Philipp Hackert diesmal stark beboten.

Auch Museen beteiligten sich glücklos am Bietgefecht. Der große Blick auf das Arnotal und Fiesole, bei der Goethe zu einer Reduktion der ursprünglich breiter angelegten Kuhherde geraten haben soll, wurde für 170.100 Euro zum Doppelten der unteren Taxe an einen fränkischen Sammler abgegeben.

Von der römischen Casa di Goethe wurde für 23.940 Euro die Federzeichnung „Das Volturnotal” von 1792 übernommen. Ein Münchner Privatsammler erstand für 60.480 Euro die auf maximal 40.000 Euro taxierte „Kosmische Landschaft” des ebenso raren wie hochbegehrten Münchners Carl Rottmann: ein Bild, das nicht in bestem Erhaltungszustand war.

Eine 1862 datierte Marine mit Frachtschiffen des Amsterdamers J.H.L. Meyer wurde von einem rheinischen Sammler für 63.000 Euro ersteigert. Das waren angemessene Preise.

Spezialsammler räumen das Angebot an Hinterglasmalerei ab

Der zuvor versteigerte Schmuck realisierte 1,3 Millionen Euro. Die Sonderkataloge mit Hinterglasmalerei und Glas der Moderne wurden von Spezialsammlern nahezu lückenlos aufgenommen. Beim selektiv nachgefragten Porzellan fehlten diesmal die Glanzstücke und das in breiter Front vertretene Silber hatte seine höchsten Gebote bei barocken Humpen, Pokalen und Kannen aus Rostock, dem Baltikum und Nürnberg.

Ein um 1661 in Nürnberg entstandener Ratspokal der Stadt Pyrbaum in der Pfalz erzielte durch bayerisches Privatgebot mit 50.400 die angepeilte Taxe. Dieser höchste Zuschlag der Abteilung galt einem Prunkstück, das durch die historische Sammlung Maximilian von Heyl geadelt war.

Mehr: Mülhens Atmeistersammlung versteigert

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