Privatsammler
Hermann Gerlinger: Ein einziger Blick genügt, um Qualität zu erkennen

Wenn bei Ketterer demnächst die Sammlung in alle Himmelsrichtungen verstreut wird, bleibt Gerlingers Lebensleistung bestehen. Er hat der Brücke ein Denkmal gesetzt.
München. Der legendäre Sammler Hermann Gerlinger schweigt, wenn es um die einst gezahlten Preise für Meisterwerke von Ernst Ludwig Kirchner oder Erich Heckel geht. „Gute Kunst ist immer zu teuer“, meint er ironisch und mit einem Anflug von patriarchalischer Weisheit im Interview mit dem Handelsblatt.
Gerlinger muss es wissen. Schließlich hat er in mehr als einem halben Jahrhundert eine der bedeutendsten Expressionismus-Sammlungen zusammengetragen. Am 10. Juni versteigert Ketterer Kunst in München den ersten Teil der insgesamt 1000 Objekte umfassenden Sammlungen und öffnet damit ein Füllhorn hochkarätiger Werke für den leicht ausgetrockneten Expressionismus-Markt.
Zum Angebot zählen ebenso Druckgrafiken, Aquarelle von Max Pechstein, Otto Mueller und Emil Nolde sowie zahlreiche Dokumente zum Wirken der „Brücke“. Denn dieser 1905 in Dresden gegründete Künstlergemeinschaft gehörte sein ausschließliches Interesse.
Als Kunst-Sammler verkörpert der heute 91-Jährige eine Spezies, die eher selten ist. Während andere einzig auf Arbeiten aus avantgardistischen Hochphasen setzen, verfolgte der Würzburger ein breites Epochenbild der von ihm favorisierten Brücke-Künstler.