MSCI World: Die dreifache ETF-Lüge

Lange galt der MSCI World als eine Art Renditegarant für Privatanleger: Einen börsengehandelten Fonds (ETF) auf den Weltleitindex kaufen und reich werden. Mittlerweile hat sich die Stimmung gedreht, und der MSCI World gilt überspitzt gesagt als Risiko, das das mühsam angesparte Vermögen bedroht. Beides ist ebenso Quatsch wie die Mär, dass andere Weltindizes die Lösung sind. Es ist eine dreifache ETF-Lüge, die man aufklären muss. Richtig ist, dass der MSCI World nach der Finanzkrise Ende der 2000er-Jahre extrem gut performte. Begünstigt wurde das durch eine beispiellose Niedrigzinsphase. Die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihe lag zeitweise bei 0,3 Prozent. Über die niedrigen Zinsen hinaus pumpten die weltweiten Notenbanken durch Anleihekaufprogramme in einem historischen Ausmaß Geld in den Markt, wovon der US-Aktienmarkt besonders profitierte. Parallel dazu begann der Aufstieg von Alphabet, Amazon, Apple, Microsoft und Meta, den Tech-Giganten aus den USA. Dadurch legte ein europäischer ETF auf den MSCI World von Anfang 2010 bis Ende 2024 um knapp 450 Prozent zu. Weil dieser Aufwärtstrend so lange anhielt, baute sich das Narrativ auf, Anleger müssten nur den MSCI World kaufen, um glücklich und reich zu werden. Der MSCI World allein reicht nicht In diesem Jahr liegt ein europäischer ETF auf den Index nun vier Prozent im Minus. Das hat die Wahrnehmung des MSCI World verändert. Gefühlt wurde er vom bestmöglichen zum schlechtesten Investment. Dabei war der MSCI World damals wie heute kein ausreichendes Investment für Anleger, die möglichst breit in den weltweiten Aktienmarkt investieren wollen. Der Index beinhaltet mittlere und große Unternehmen aus den 23 Industrienationen. Kleinere Unternehmen und der Rest der Welt finden hier nicht statt, weswegen auf der Aktienseite immer als ergänzende Empfehlung ein Schwellenländer-ETF und/oder Small-Cap-ETF empfohlen wurde. » Lesen Sie auch: Mindestens einen dieser ETFs sollte jeder Anleger im Portfolio haben Denn indem die Zusammensetzung des MSCI World kapitalgewichtet erfolgt, haben Aktien, die in der Vergangenheit gut gelaufen sind, ein besonders hohes Gewicht. Durch die maßgeblich von den Tech-Aktien getragene Outperformance der US-Aktien entstand ein Klumpen im Index. Von 2015 bis Ende 2024 stieg der US-Anteil von 58 auf 74 Prozent, der Anteil der zehn größten Positionen von zehn auf 24 Prozent. Diese Entwicklung mahnten Experten über Jahre an. Sie drangen damit aber nicht durch, weil die Kurse immer weiter stiegen. Erst jetzt materialisieren sich die Risiken: US-Aktien haben sich schlechter entwickelt als der Gesamtmarkt, hinzu kommt der Wertverfall des Dollars. Das wirkt sich auf die Rendite europäische Anleger aus: Während der Index inklusive Dividenden in diesem Jahr sechs Prozent im Plus liegt, liegt ein europäischer ETF vier Prozent im Minus. Deswegen schauen sich Anleger nach Alternativen um. Das Problem ist nur, dass kaum eine Ein-Produkt-Lösung für das Problem des MSCI World existiert. Andere Weltindizes sind keine Lösung Der oftmals genannte MSCI All World Country investiert zwar neben den Industrienationen auch in Schwellenländer, die haben aber nur einen Anteil von zehn Prozent, wohingegen der US-Anteil immer noch 64 Prozent beträgt. Die Korrelation zwischen beiden europäischen ETFs beträgt daher 0,99 – die Kurse bewegen sich also fast deckungsgleich. Auch andere Weltindizes wie der FTSE All-World und der Solactive GBS Global Markets Large & Mid Cap können das US-Problem des MSCI World nicht lösen, weil alle die Börse so abbilden, wie sie ist – und hier dominieren gemessen an der Marktkapitalisierung US-Aktien. Auf lange Sicht wachsen solche Ungleichgewichte heraus. Wer trotzdem kurzfristig das Klumpenrisiko im Depot abbauen will, erreicht das aber nicht mit einem ETF, der den gesamten Markt abbildet. Anleger kommen in diesem Fall nicht darum herum, aktiv zu handeln und Regionen, Länder und Branchen anders zu gewichten, als es der Markt tut. Dabei gilt grundsätzlich: Rendite und Risiko gehen miteinander einher. Mehr: Ergänzungen zum MSCI World – Vier ETFs mit niedrigem US-Anteil, die besser performen als der Weltindex