Immobilien: Millionenabfluss in der Publity-Krise bringt Vorstand unter Erklärungsdruck

Eine millionenschwere Transaktion mitten in einer Finanzierungskrise bringt den Vorstandschef des Immobilienunternehmens Publity AG, Thomas Olek, unter Rechtfertigungsdruck. Nach Handelsblatt-Informationen überwies Publity im Dezember eine Millionensumme an ein Unternehmen aus dem Umfeld von Olek. Zu diesem Zeitpunkt zeichnete sich bereits ab, dass Publity große Probleme bekommen könne, eine 100-Millionen-Euro-Anleihe Mitte 2025 zu bedienen, sagen Insider. Eine Führungskraft habe demnach intern sogar vor der Transaktion gewarnt. Es könne leicht der Eindruck entstehen, dass ein Gläubiger bevorteilt werde. Der langjährige Immobilieninvestor Olek trat erst am 1. Dezember den Vorstandsposten bei der kriselnden Publity an. Olek schien in höchster Not Verantwortung zu übernehmen. Und er schien zu liefern. Er war nur wenige Tage im Amt, als am 16. Dezember auf dem Konto der Publity bei der Sparkasse Frankfurt 7,5 Millionen Euro eingingen. Das Geld stammte aus einem Immobiliengeschäft in Ratingen bei Düsseldorf. Schon am nächsten Tag überwies Publity das Geld in zwei Tranchen an die Neon Equity AG (Neon), die lange Hauptaktionärin der Publity war und an der Olek mittelbar beteiligt war. Intern wurde diskutiert, ob das Geld nicht besser in der Publity zu halten sei. Mancher ahnte offenbar, was folgen würde: dass der Zeitpunkt und die Zielrichtung der Transaktion Zweifel wecken könnten. Einen knappen Monat später informierte Olek die Öffentlichkeit am 13. Januar darüber, dass Publity für 2024 einen Fehlbetrag von voraussichtlich rund 200 Millionen Euro ausweisen würde. Gläubiger der mehr als 100 Millionen schweren Publity-Anleihe 2020/2025 erfuhren im März, die Rückzahlung zum 19. Juni sei „nicht gesichert“. Inzwischen bemüht sich Publity darum, die Gläubiger mittels eines sogenannten Starug-Verfahrens abzufinden. Im Raum steht eine Zahlung von zwei bis drei Prozent des Nominalbetrags. Von der Waschanlage in die Villa Lunkewitz Thomas Olek stammt aus einfachen Verhältnissen. Er wurde 1968 in Essen geboren. Sein erstes Geld verdiente er mit Autowaschanlagen. Später machte er in Leipzig Geschäfte mit „Non-Performing-Loans“. 2003 übernahm er die Aktienmehrheit der Publity AG und trat das Amt des Vorstandsvorsitzenden an, welches er seitdem mit Unterbrechung bekleidet. Olek begeisterte Investoren lange mit seinen Deals, die er Insidern zufolge auch mit dem Kapital des Hedgefonds Elliot abwickelte. Mit den Börsengängen von Publity und der Preos Global Office Real Estate & Technology AG sammelte er dreistellige Millionensummen ein. In Frankfurt bezog Olek die Villa Lunkewitz. Das Anwesen liegt versteckt hinter hohen Mauern im Park Louisa, umgeben von einem 16.000 Quadratmeter großen Grundstück. Die Villa hat 25 Zimmer, darunter sechs Schlaf- und acht Badezimmer. Ein Schwimmbad befindet sich im Gartenhaus. Dann kam die Coronapandemie. Der Trend zum Homeoffice setzte den Aktienkursen der Firmen aus dem Olek-Imperium zu. Preos ging 2024 nach einer umstrittenen Schuldenstundung pleite. Kritik, dass sich im Reich des vermeintlichen Finanzmagiers Olek immer wieder Geld von Investoren in Luft auflöse, häufte sich. Ein Strafverteidiger als Geschäftsführer Aber hat Olek mit der Transaktion an die Neon die übrigen Gläubiger benachteiligt? In internen Papieren steht neben der Buchung von 1,4 Millionen Euro „Ausgleichszahlung“. Bei der zweiten Rate von 6,1 Millionen Euro wird als Grund erläutert: „Ausgleich offene Zinszahlungen Pub Anleihe“. Das klingt nach einer Zinszahlung für die Publity-Anleihe – nur kann das überhaupt sein? Die Zinsen der Anleihe werden im Juni fällig, nicht im Dezember. Zwei Anleger berichten, dass sie die Zinsen entsprechend den Anleiheverträgen im Sommer 2024 erhalten haben. Olek hatte die Neon gegründet und war lange beteiligt. Im Mai 2024 hielt sie Publity-Anleihen mit einem Nennbetrag von 76 Millionen Euro. Diese verkaufte Neon offenbar im Herbst 2024 an eine weitere Firma aus dem Umfeld von Olek. Der Geschäftsführer dieser SP1 Equity GmbH aus Frankfurt vereinbarte eine Lock-up-Vereinbarung und einen Rangrücktritt für die Anleihen mit der Publity. In dem Papier wird das Anleihevolumen ebenfalls mit rund 76 Millionen Euro beziffert. Die SP1 hieß früher TO Holding 2. Gesellschafter ist eine Versicherung aus Liechtenstein. Ihr Geschäftsführer: ein Strafverteidiger in Essen. Fragen nach dem Lock-up-Vertrag und danach, welchen Preis er für die Anleihen gezahlte habe, ließ er unbeantwortet. Olek selbst meldete sich an einem Freitag um 7:31 Uhr morgens telefonisch. Die Zahlung der 7,5 Millionen Euro im Dezember sei keine Gläubigerbegünstigung, sagte er. Die Neon habe 2023 und 2024 die Anleihezinsen gestundet und diese nun vertragsgemäß bezahlt. Grundlage sei ein Zinsdarlehen, das Neon und Publity vereinbart hätten. Olek: „Das ist alles sauber, das liegt auch dem Insolvenzgericht vor.“ Der Publity-Vorstand sieht es so: Durch den Verzicht der Neon hätten andere Gläubiger im Sommer profitiert. Diese könnten sich nicht beschweren, wenn die Neon ihre Zinsen erhalte. „Wenn der Zins im Juni nicht gestundet worden wäre“, sagte Olek, dann wäre „die Anleihe überfällig gewesen.“ Den Darlehensvertrag kommentierten weder Stephan Kunath noch Frank Schneider. Das sind die Vorgänger von Olek, die als Vorstände im Sommer 2024 die Geschicke der Publity steuerten. Der Neon-Vorstand Ole Nixdorff sagte nichts dazu, welche Forderung die Publity mit den Millionen bediente. Die drei Männer ließen Anfragen des Handelsblatts unbeantwortet. Thomas Olek zieht es ins Ausland Olek orientiert sich derweil völlig neu. Seine Villa Lunkewitz in Frankfurt steht zum Verkauf. Laut Engel & Völkers werden als Preis 30,5 Millionen Euro aufgerufen. Am Telefon bestätigte der Immobilieninvestor seinen Umzug in die USA. Er ziehe nach Florida, um näher an seinen beiden größten Kunden zu sein, erklärte Olek. Zudem begleite er zwei deutsche Firmen, die ebenfalls in die Vereinigten Staaten zögen. Namen nannte er nicht. Bei der Neon Equity AG, die inzwischen in DN Deutsche Nachhaltigkeit AG umbenannt wurde, hat Olek sich nach eigenen Angaben verabschiedet. „Meine Aktien bei der Neon Equity AG habe ich Anfang des Jahres vollständig verkauft“, sagte er. Seine Zukunft sieht er im „Sunshine State“, wie die Amerikaner Florida nennen. Das Headquarter seines Family-Office hat er nach Miami verlegt. Die Website der Olek Capital Consulting zeigt Palmen, Strände und zwei „Direktoren“: Thomas Olek und seine Frau. Mit der Erfahrung und Vision von Olek konzentriere sich die Beratungsfirma darauf, „fundierte Entscheidungen mit zukunftsorientierter Perspektive“ zu treffen, heißt es auf der Website. Olek verspricht: „Wir stehen für langfristige Werte und nachhaltiges Wachstum.“ Mehr: Büroimmobilien-Spezialist Preos AG ist pleite – Gericht beruft Insolvenzverwalter