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Morning Briefing

Geldpolitik, Zölle, Irankrieg – Trumps ewiger Wankelmut

Christian Rickens 20.06.2025 - 06:14 Uhr
Handelsblatt Morning Briefing

Erst drohen, dann kneifen: Trumps nerviger Wankelmut

20.06.2025
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Guten Morgen, liebe Leserinnen und Leser

Der Begriff „Taco“ steht inzwischen nicht mehr nur für einen gefüllten Tortilla-Fladen. Als Abkürzung steht TACO in den USA inzwischen auch für „Trump always chickens out“, frei übersetzt: Am Ende kneift Trump doch immer. Dahinter steht die Beobachtung, dass der US-Präsident zwar gerne drastische Drohungen ausstößt, am Ende aber doch davor zurückschreckt, sie wahrzumachen – womit die Welt meistens besser fährt. So war es bisher im Zollkonflikt, so war es mit den Entlassungsdrohungen gegen US-Notenbankchef Jerome Powell

Im Atomstreit mit dem Iran könnte sich das TACO-Phänomen wiederholen. Zunächst drohte Trump dem iranischen Staatsoberhaupt Ali Chamenei mit dem Tod und liebäugelte mit US-Militärschlägen gegen Teherans Atomfabriken. Am Mittwoch redete er dann wieder von einem Waffenstillstand, den er vermitteln wolle.

Gestern dann kündigte Trumps Sprecherin an: Der Präsident werde innerhalb der nächsten zwei Wochen darüber entscheiden, ob die USA an der Seite Israels in den Krieg gegen den Iran eingreifen. Dies geschehe vor dem Hintergrund, dass es eine „beträchtliche Chance“ für Verhandlungen gebe, die in naher Zukunft mit dem Iran stattfinden könnten – oder auch nicht.

Sollte sich hinter diesen Widersprüchen eine kohärente Strategie verbergen, dann wäre sie mindestens so gut getarnt wie ein amerikanischer B-2-Bomber. Womöglich gibt es diese Strategie aber auch gar nicht. Zu dieser Ansicht neigt Trumps ehemaliger Sicherheitsberater John Bolton. Er sagt im Interview mit Handelsblatt-Politikchef Moritz Koch:

Ich glaube nicht, dass Trump weiß, was er tun soll.

Bolton hält mehrere Optionen für möglich:

    Entweder Trump schließt einen Atomdeal mit dem Iran. Wie die Nachrichtenagentur Reuters von Diplomaten erfuhr, telefonierten der US-Sondergesandte Steve Witkoff und der iranische Außenminister Abbas Araghtschi dazu nach dem Beginn der israelischen Angriffe. Araghtschi sagte den Insidern zufolge, sein Land werde nicht zu Verhandlungen zurückkehren, solange Israel die Angriffe nicht einstelle.Oder Trump stattet die Israelis mit bunkerbrechenden Bomben aus, um Irans Atomanlagen zu zerstören. Laut einigen Militärexperten ist der B-2-Tarnkappenbomber das einzige Flugzeug, das mit einer speziellen Bombe die verbunkerten Atomanlagen des Iran zerstören könnte.Die dritte Option, dass die USA selbst in den Krieg gegen den Iran einsteigen, hält Bolton für unwahrscheinlich: „Ich wäre sehr überrascht, wenn Trump etwas Offensives unternimmt.“
Ex-Sicherheitsberater John Bolton Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com

Da ist er wieder, der TACO-Verdacht. Wobei man fairerweise hinzufügen muss: Bolton gehört zu jener Kategorie außenpolitischer Falken, für die nahezu jedes Weltproblem mit ein paar gut platzierten Marschflugkörpern gelöst werden kann.

In Trumps Regierung konkurrieren verschiedene Lager miteinander. Foto: Reuters (2), AFP (2), Getty Images, Dpa [M]

Konkurrenzkampf unter Trumps Beratern

Der Eindruck des Hin und Her verstärkt sich dadurch, dass Trump bei nahezu allen relevanten politischen Fragen von mindestens zwei Gruppen von Beratern umgeben ist, die ihm widersprüchliche Ratschläge geben. In der Außenpolitik, berichtet unser US-Team, seien es sogar drei.

Da ist zum einen die Isolationisten-Fraktion um Geheimdienstchefin Tulsi Gabbard. Da sind zum anderen die Iran-Falken um Marco Rubio. Und dann gibt es als dritte Gruppe noch die „Prioritätensetzer“. Sie wollen, dass sich die USA aus militärischen Engagements im Nahen Osten und in Europa heraushalten, um sich auf das zu konzentrieren, was sie als die eigentliche Bedrohung ansehen: die Großmachtkonkurrenz mit China. Wichtigste Stimme dieser Fraktion ist Vizepräsident J.D. Vance.

Der unerklärte Weltkrieg

Tatsächlich lassen sich die bewaffneten Konflikte im Nahen Osten und in der Ukraine ebenso wie die waffenstarrende Konfrontation in den Gewässern um Taiwan auch als ein unerklärter Weltkrieg zwischen zwei ideologischen Lagern interpretieren:

    Zum einen der politische Westen mit seinen Grundwerten wie Demokratie und Rechtsstaatlichkeit und der langjährigen Führungsmacht USA, die nun ihre globale Rolle neu definiert.Zum anderen das autokratische Lager mit der aufstrebenden Supermacht China im Zentrum. Die Führung in Peking sieht ihr Land als bessere Systemalternative zum Westen: Kapitalismus ohne Freiheit. Um China scharen sich Staaten wie Russland, Iran, Nordkorea, Belarus und Venezuela.

Der kalte Krieg zwischen Demokratien und Diktaturen wird immer öfter heiß. Das Peace Research Institute Oslo (Prio) zählte für das vergangene Jahr 61 Konflikte in 36 Ländern. „2024 hatten wir die höchste Zahl staatlicher Konflikte seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1946“, so Prio-Forscherin Siri Aas Rustad. Lesen Sie hier unseren Freitagstitel „Der unerklärte Weltkrieg“.

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Außenminister Johann Wadephul Foto: REUTERS

Europa verhandelt mit dem Iran

Wenn Europa in diesem neuen globalen Krieg auch ohne die Übermutter USA bestehen will, wird es sich zumindest um die Krisen in der eigenen Weltregion in Zukunft stärker selbst kümmern müssen.

Von daher ist es sicher sinnvoll, dass sich die Außenminister von Deutschland, Frankreich und Großbritannien heute in Genf mit ihrem Kollegen aus Teheran treffen wollen, um über das iranische Atomprogramm zu verhandeln. Auch die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas soll an dem Treffen mit dem iranischen Außenminister Abbas Araghtschi teilnehmen.

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat zudem gestern mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu telefoniert und dabei nach Angaben aus seinem Umfeld eine diplomatische Lösung im Konflikt mit dem Iran angemahnt.

Amazon: Der weltgrößte Online-Händler Foto: Reuters

Amazon will Bürokräfte durch KI ersetzen

Das Amazon-Management geht davon aus, dass durch Künstliche Intelligenz (KI) die Zahl der Beschäftigten in den Büros des weltgrößten Online-Händlers sinken wird. „Wir werden weniger Leute brauchen, die heutige Jobs machen – und mehr Leute für andere Arten Arbeit“, schrieb Amazon-Chef Andy Jassy in einer E-Mail an die Belegschaft. „Für die nächsten Jahre“ sei zu erwarten, dass man wegen KI-Effizienzgewinnen weniger Büroarbeiter haben werde. Amazon hat rund 1,5 Millionen Beschäftigte weltweit, von denen nach früheren Angaben etwa 350.000 Büroangestellte in verschiedenen Funktionen sind.

Dazu muss man wissen: Möglichst drastische Ankündigungen in Sachen KI sind für Konzernchefs ein probates Mittel, um Anleger bei Laune zu halten. Zuletzt hatte der Musikstreaming-Marktführer Spotify angekündigt, dass Teams bei der Anforderung zusätzlicher Mitarbeiter zunächst beweisen müssten, dass KI die Aufgaben nicht erfüllen kann.

Diese Begründung sollte eigentlich jeder gängige KI-Chatbot aus dem Stegreif verfassen können.

Goldschakal Foto: dpa

Abschuss von Sylter Goldschakal wieder erlaubt

Unter dem „Sylter Goldschakal“ stelle ich mir eigentlich einen schmierigen Edelmetallhändler vor, der mit dubiosen Geschäften an Geld für seine Reetdachvilla in Kampen gekommen ist. Tatsächlich geht es in diesem Fall aber um einen echten Schakal, der offenbar über den Hindenburgdamm zugewandert ist und mittlerweile mindestens 76 Schafe auf der Insel gerissen hat.

Die Frage, ob der Übeltäter gejagt und erschossen werden darf, beschäftigt die Justiz bereits seit längerem. Das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht hat gestern einen Eilantrag gegen den Abschuss abgelehnt.

Man kann dem Goldschakal also nur empfehlen, schleunigst wieder von der Insel zu verschwinden und vorher die noch ausstehende Kurtaxe nachzuzahlen. Denn ohne die zu entrichten, hat noch niemand Sylt lebend verlassen.

Ich wünsche Ihnen einen hochkarätigen Wochenausklang.

Herzliche Grüße

Ihr

Christian Rickens

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