Art Basel – Satellitenmessen
Zum Kunstkauf in die Mayonnaisefabrik

Die immersive Videoinstallation von 2018 findet sich auf der Satellitenmesse Liste auf dem Stand von PHD Group.
Basel. Das Must-see-Event in Basel ist in diesem Jahr der Basel Social Club. Letztes Jahr wurde das Format noch unter dem Radar im kleineren Rahmen einer leer stehenden Stadtvilla von einer Handvoll lokaler Protagonisten mit knapp zwei Dutzend Ausstellern organisiert. Dieses Jahr bespielt das nomadische Format in Messenähe eine riesige Fabrik, in der früher Mayonnaise hergestellt wurde.
Zur Eröffnung bereits am Sonntag fühlt man sich an das Berlin der Nullerjahre erinnert: Junge Familien und Menschen in wilden Outfits schieben sich durch enge Treppenhäuser und einen endlosen Gang, von dem man in kathedralenartige Produktionsräume gelangt. Überall gibt es Bars; so wird der kostenlose Eintritt ermöglicht. Auch für die teilnehmenden Galerien ist die Eintrittsschwelle niedrig, 1500 Schweizer Franken für alle, egal, was sie zeigen, von kleinformatigen Gemälden über Videos und wandfüllende Gemälde bis zu monumentalen Installationen.
Über 100 Teilnehmer zeigen ein wildes Potpourri, in dem sich kein roter Faden finden lassen will. Sogar ein Großformat von A.R. Penck ist dabei. Ähnlich breit ist das Spektrum der Galerien. Vom Baseler Kunstraum For über die in New York gerade sehr angesagte Galerie Jenny’s bis zu Hauser & Wirth setzen alle ihre Markierung auf der Veranstaltung, die keine Messe sein will, sondern tatsächlich ein sozialer Ort des Zusammenkommens, eben wie ein Klub.
So sieht es auch Joanna Kamm, Direktorin der Satellitenmesse „Liste“, obwohl einige ihrer Aussteller auch im Basel Social Club präsent sind. Kamm freut sich sogar darüber, dass es einen Ort gibt, an dem die Kunstwelt sich auch jeweils nach Messeschluss noch in entspannter Atmosphäre austauschen kann. Die Liste gehört wohl zu den etabliertesten Satellitenmessen der Kunstwelt.
Mit der Positionierung der Liste zeigt sich Kamm sehr zufrieden. Immer noch gewöhnungsbedürftig ist für Kunstszenegänger der Schauplatz in den Hallen der Messe Schweiz. Von der Rolltreppe aus kann man sogar in die Unlimited-Halle blicken, ohne dass es jedoch einen direkten Übergang gäbe. „Wir sind unabhängig, und deswegen finde ich es gut, dass die beiden Messen klar getrennt sind“, erklärt sie.

Die Künstlerinnen stellen auf der Kunstmesse Liste bei E.A. Shared Space aus Tbilisi aus.
Teil der Unabhängigkeit und des klaren Profils ist auch der ständige Nachschub neuer Galerien. Sie stammen immer öfter aus Ländern und Städten jenseits der ausgetretenen Pfade. Waren früher Berlin, New York, Paris oder London dominant, kommt der Nachwuchs heute eher aus Buenos Aires, Kiew oder Teheran. Diese Diversität passt zu der demokratischen Messearchitektur mit einem beidseitig bestückten Kreis in einem Quadrat. Doch genau dieses Layout ist es, dass einigen Ausstellern und Besuchern in der dritten Auflage etwas langweilig wird. Sie wünschen sich den verwinkelten Abenteuerspielplatz der Alten Warteck Brauerei zurück.
Die „June Art Fair“ ist jetzt nicht mehr das hipste Kid in Town. Die kleine Veranstaltung in einem von Herzog & de Meuron umgestalteten Bunker in einem Hinterhof ist eine von Galeristen seit 2019 organisierte Messe mit knapp 20 Ausstellern. Inhaltlich besteht der Reiz der June in der Abwesenheit von Messekojen.
Rundumerneuerung für die tot geglaubte „Volta“
Einen Neustart versuchen zwei Messen. „Design Miami/ Basel“ gegenüber der Unlimited-Halle verzichtet auf die sonst übliche Monumental-Installation und überlässt das Erdgeschoss den Ausstellern. Zum Glück. Denn mit nur noch 26 Galerien entsteht nicht mehr der bisher vorherrschende Eindruck der Verlorenheit in dem riesigen Obergeschoss.
Mit der Kompaktheit geht eine weitere Konzentration auf Vintage-Design einher. Die von vielen schon tot geglaubte „Volta“ versucht sich mit dem Umzug ins ebenfalls rechtsrheinisch gelegene Klybeck-Areal und mit neuer Direktorin rundzuerneuern. Hier sind 29 Galerien versammelt. Bei der Überfülle an Kunst und neuen Formaten wird es allerdings nicht einfacher, auf sich aufmerksam zu machen.
Mehr: Art Basel and UBS Art Market Report 2023: Der Kunstmarkt 2022: Nur große Galerien und Messen wachsen