Art Business
Wie der Kunsthandel auf rückläufige Einnahmen reagiert

London. Die Unruhe auf der Londoner Branchenkonferenz, bei der Professionelle im Kunstmarkt die Lage im Markt besprechen, war greifbar. Wie soll man auf die dramatischen Umsatzrückgänge der Auktionshäuser reagieren? Was bedeutet das für den Markt in England, aber auch global?
Eine Einschätzung der Lage zum Auftakt der Art Business Conference gab Guillaume Cerutti, CEO von Christie’s. Er versuchte, Ruhe zu vermitteln. Marktrückgänge hielten selten länger als zwei Jahre an. 2025 werde man eine Wende sehen. Die Umsatzrückgänge von 22 Prozent bei Auktionen im ersten Halbjahr 2024 müssten akzeptiert werden. Es gebe aber auch positive Geschäftsbereiche: „Wir hatten im Bereich der privaten Verkäufe die besten sechs Monate in Europa, seitdem wir diese anbieten.“
Als Gründe für den Umsatzrückgang benennt er drei „m“: „macro, money and mood“. Makroökonomisch sieht es weltweit nicht gut aus, Geld ist teuer und die Liquidität im Markt nimmt ab. Das beeinflusst die Laune, Geld für Kunst auszugeben. Auf die ebenfalls seit einiger Zeit diskutierte Frage, ob Paris oder London in Europa vorn liegt, lässt er sich allerdings nicht ein. Europa sei im Vergleich zu anderen Regionen insgesamt stark rückläufig. Das sei das größere Problem.
Aber es gibt auch gute Nachrichten: Cerutti erwartet weiterhin Wachstum in Asien und im Mittleren Osten. Auch die Kreditsparte Geldanleihen für Kunst sieht er weiterhin als gewinnbringend an.
Die immer stärkere Ökonomisierung des Kunstmarkts bleibt weiterhin Thema, gibt es doch eine Reihe neuer Firmen, die Kunstwerke als Sicherheit für ein Darlehen nehmen. Harco van den Oever, Gründer der Firma Overstone, vergibt Kredite im Millionenbereich und berät Kunden, Kunst als Kapitalanlage zu betrachten. Alessandro de Stasio, selbst Sammler, gründete das Portal Artscapy. Es hat eine ähnliche Ausrichtung, konzentriert sich aber eher auf den niedrigeren Marktbereich und bietet eine umfassende Plattform für das Kunstmanagement an.
Für laienhafte Verbraucher scheint das Leihgeschäft ein etwas schwieriges Feld zu sein, variieren die Zinsen doch massiv. Am unteren Ende gibt es vielleicht ein bis anderthalb Prozent; am oberen Ende acht Prozent, bei den Auktionshäusern sogar noch höher. Aber während solche Geldgeschäfte für manchen vielleicht unattraktiv sind, kann man den weltweiten Trend in diese Richtung nicht negieren.
Greifbarer für Kunstliebhaber ist der Themenschwerpunkt Editionen. Lange unterbewertet, erleben diese in letzter Zeit Aufwind. Hier gibt es interessante neue Firmen, die mit Innovationen den Zugang zum Sammeln erweitern wollen. Besonders junge Leute sind vermehrt an Editionen interessiert.
Avant Arte etwa hat seit 2017 drei Millionen Kunden online angesprochen und arbeitet mit so bekannten Künstlern wie George Condo oder Jenny Holzer zusammen. Sie verfolgen unter anderem den neuen Trend der „Drops“. Zu einem bestimmen Zeitpunkt wird eine Edition zum Kauf freigegeben. Der Preis ist bekannt, aber nicht die Auflagenhöhe. Diese ergibt sich daraus, wie viele die Arbeit innerhalb von 24 Stunden kaufen. Das Interesse bestimmt die Auflagenhöhe – und damit auch letztlich den langfristigen Wert der Arbeit.
Probleme mit dem Brexit können nun ausgesprochen werden
Vielleicht lag es am Regierungswechsel in Großbritannien. Aber nach Jahren, in denen keiner das Wort Brexit in den Mund nehmen wollte, konnte man dieses Mal endlich die Schuld für die Misere im kulturellen Bereich auf den Austritt Großbritanniens aus der EU schieben. Jede Diskussionsrunde wollte dazu etwas sagen. Das reichte von teureren Transporten zur Bürokratisierung von Reisen, von unterschiedlichen Steuern bis hin zu den Problemen von britischen Künstlern, in Europa auszustellen – oder umgekehrt. Der Austausch stockt. Positive Entwicklungen sieht keiner. Der Wind im Land hat sich gedreht, und auch die Kunstmarktlobby zieht endlich nach.
Um mit den weltweiten Problemen im Kunstmarkt umzugehen, scheint eines gewiss zu sein: Leichter wird es nicht. Firmen müssen innovativ sein und aktiv auf neue Kunden zugehen. Kleine Firmen setzen auf technische Innovationen; große Firmen verlagern weiterhin Schwerpunkte in den Osten.
Die Finanzierung von Kunst und Kunst als Anlageoption ist weiterhin ein großes Thema. Wer wissen will, welche Rolle die Technologie dabei spielt? Der muss zur Art-&-Tech-Konferenz kommen, die schon am 11. Oktober in London stattfindet.
Zusätzliche Informationen: https://www.theartbusinessconference.com/