Gleichberechtigung
Sklaverei: Wie eine Skulptur Rassismus und das Gegenteil thematisiert

Die Büste nimmt Partei gegen die Sklaverei. Der Künstler aber äußerte sich in seinen Schriften rassistisch.
New York. Als vor vier Jahren die seltene lebensgroße Marmorbüste einer afrikanischen Sklavin im Kunsthandel auftauchte, griff das Metropolitan Museum of Art sofort zu. Geschaffen hatte sie Jean-Baptiste Carpeaux (1827 bis 1875), einer der bedeutendsten Bildhauer des 19. Jahrhunderts.
Für Sarah E. Lawrence, damals neu berufene Leiterin der Abteilung European Sculpture and Decorative Arts, war die außergewöhnlich ausdrucksstarke Skulptur mit dem eingemeißelten Titel „Pourquoi Naître Esclave!“ (Warum als Sklavin geboren werden) im Sockel bestens geeignet, das veraltete eurozentrische Narrativ der marmornen Großskulpturen im „Petrie European Sculpture Court“ aufzubrechen.
Aber dann drängten die Black-Lives-Matter-Proteste des Sommers 2020 auch das Met-Museum in eine ganz neue Richtung. Inzwischen arbeiten hier mehrere über das Haus verteilte Projekte den systemischen Rassismus auf.
Carpeaux“ im Jahr 1873 gemeißeltes Werk ist der Dreh- und Angelpunkt einer soeben eröffneten Langzeitausstellung, die noch bis zum 5. März 2023 zu sehen sein wird. Zum ersten Mal wird hier die Rolle untersucht, die Kunst in der Bewegung zur Abschaffung der Sklaverei spielte, hauptsächlich aufgezeigt am Beispiel von Skulpturen. In Frankreichs Kolonien wurde Sklaverei zuerst im Jahr 1794 und dann endgültig 1848 verboten, in England 1834 und in den Vereinigten Staaten erst 1865.