Museumspolitik in München
Die Pinakothek bringt ein Schlüsselwerk Picassos in ihren Besitz
München. Zehn Jahre lang hing Pablo Picassos „Frau mit Violine“ als Dauerleihgabe in der Münchener Pinakothek der Moderne. Gestern verkündete Bernhard Maaz, Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, die unverrückbare Zugehörigkeit des kubistischen Schlüsselwerks zum Bestand seines Hauses. Erworben wurde das in geometrische Formen zerlegte, 1911 entstandene Bildnis mit finanzieller Hilfe staatlicher wie privater Förderer, darunter auch Reinhold Würth.
Die Stiftung der Länder unterstützte den Ankauf mit 1,35 Millionen Euro. Die Ernst-von-Siemens-Kunststiftung steuerte zwei Millionen Euro bei. „Das ist ein Viertel der gesamten Ankaufssumme“, sagte ihr Generalsekretär Martin Hoernes im Gespräch mit dem Handelsblatt. Diese Summen verdeutlichen, dass man das Gemälde für ein deutsches Museum sichern wollte.
Die Bedeutung der „Femme au violon“ für die Pinakothek der Moderne wird besonders durch den Sammlungskontext sichtbar. Zur Kollektion zählen auch das Gemälde „Frau mit Mandoline“ von Picassos kubistischem Weggefährten Georges Braque sowie andere Werke dieser Strömung.
In München spielte das Werk schon 1913 eine Rolle. Die Galerie Tannhauser führte es in der ersten großen Picasso-Werkschau des damals 32-jährigen Künstlers unter der Katalognummer 56. Seinerzeit noch Eigentum des Galeristen Alfred Flechtheim, gelangte es 1927 in die Sammlung des Krefelder Textilunternehmers Hermann Lange, Bauherr des von Mies van der Rohe entworfenen Hauses Lange. Durch Erbfolge blieb das Bildnis weiterhin in der Familie.
Deutsche Museen sind heute von Geldgebern und auch von philanthropischen Ambitionen der Besitzer abhängig. Die bereits 2022 erfolgte Finanzzusicherung durch die Siemens-Kunststiftung gab der Institution Vorlauf für das Fundraising. Bernhard Maaz jedenfalls schätzt die Entscheidung der Vorbesitzer-Familie und ehemaligen Leihgeberin, „das Werk nicht auf den Weltmarkt gebracht“ zu haben.
Ohne Risiko einen marktgerechten Preis erzielt
Dass der Kaufpreis von acht Millionen Euro für die in Grau- und Brauntönen aufgesplitterte Geigerin wirklich nur einen Bruchteil des Weltmarktpreises ausmacht, wie verschiedentlich angemerkt wurde, ist Ansichtssache. Vergleichbare kubistische Werke Picassos wie etwa „Cafetiére, tasse et pipe“ von 1911 oder „Buffalo Bill“ aus demselben Jahr erzielten 2023 und 2022 umgerechnet Erlöse von 10,4 respektive zwölf Millionen Euro. Zieht man das Aufgeld ab, bleiben als Hammerpreis Beträge zwischen 7,5 und 8,5 Millionen Euro. Dagegen haben farbexpressive Gemälde wie „Les Femmes d’Alger“ oder „Compotier et Guitare“ unlängst zwei- und dreistellige Millionenpreise erzielt.
Der Münchener Deal war für alle gut. Die Verkäufer haben ohne Risiko einen marktgerechten Preis erhalten. Die Pinakothek konnte unter Ausschluss von Konkurrenz agieren.