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Zeitgenössische Kunst

Gelungener Mix für Sammler mit unterschiedlicher Finanzkraft

Wien vibriert an diesem Wochenende. Eine klassische Kunstmesse, 25 von Gästen kuratierte Galerieausstellungen und eine neue Show mit wertvollen Markttrophäen ziehen Sammler an.Stefan Kobel 12.09.2024 - 15:07 Uhr Artikel anhören
Max Weiler „Die Schwebende Erde“: Das Flügelbild im Glaskasten stellen Wienerroither & Kohlbacher auf der bis Sonntag andauernden Messe Viennacontemporary aus. Foto: W&K

Wien. Der Anker im Wiener Kunstherbst ist das Galerienfestival „Curated by“. Das war nicht immer so, aber passt eh, wie der Wiener sagen würde. Denn das Format ist einzigartig und lohnt für sich schon eine Reise. 25 Galerien laden Kuratoren ein und geben ihnen Carte Blanche. Das bringt Kuratoren und spannende Ausstellungen in die Stadt und bindet die Szene in den internationalen Diskurs ein.

Kuratierte Ausstellungen in Galerien sind keine Selbstverständlichkeit und in dieser Dichte tatsächlich einzigartig. Sogar das Oberthema wird zumeist beachtet. „Untold Narratives“ lautet es in diesem Jahr. Erdacht hat es die Kunsthistorikerin Noit Banai, die mit einem Essay einen losen Rahmen absteckt, den die Galerien und die von ihnen geladenen Kuratoren ganz unterschiedlich ausfüllen.

Gabriela Gantenbein hält sich bei Gregor Podnar recht eng an die Vorgaben und spannt einen Erzählungsbogen vom kollektiven Unbewussten und dem Numinosen auf. Inhaltlich und räumlich läuft er auf ein blaues Quadrat von Yves Klein aus Privatbesitz (unverkäuflich) zu. Zu diesem Kulminationspunkt führen Werke von Benoît Maire (ab 14.000 Euro) und Julije Knifer, einem Zeitgenossen Kleins, dessen Schaffen sich um das Ornament des Mäanders entwickelt hat (um 200.000 Euro).

Bei Eva Presenhuber haben Anthony Huberman und Krist Gruijthuijsen (KunstWerke Berlin) die erste monografische Ausstellung von John Giorno (1936 bis 2019) in Österreich zusammengestellt. Der ehemalige Partner von Robert Rauschenberg und spätere Ehemann von Ugo Rondinone war ursprünglich Poet. In den 1960er-Jahren war er fasziniert davon, wie bildende Künstler die Spartengrenzen sprengten und etwas Video und Performance in ihre künstlerische Praxis integrierten.

Das brachte Giorno dazu, Poesie mit den Mitteln der bildenden Kunst zu vermitteln, in Gemälden mit Text, Soundpieces und einem Poesietelefon, das man anrufen kann, um zufällig ausgewählten Gedichten vom Band zu lauschen. Die Preise liegen zwischen 50.000 und 250.000 Dollar.

Die Europalette in der Kunst

Bei Martin Janda hat der in Chicago tätige Kurator Dieter Roelstraete einen intellektuell anspruchsvollen Parcours mit Arbeiten von Nilbar Güreş, Devin T. Mays, Martha Rosler, Roman Signer und Fredrik Værslev eingerichtet, dessen durchgängiges Motiv die Europalette als Symbol des Banalen – und deshalb unerzählten – Transits ist.

Um die Frage, ob wir Erzählungen oft nicht als solche erkennen und sie daher unerzählt bleiben, kreist die Ausstellung, die die Kunstkritikerin Kate Sutton für Lombardi-Kargl mit nicht weniger als zehn Positionen zusammengestellt hat. Erstmals tritt die Galerie unter dem neuen Doppelnamen auf.

Ich will, dass die Messe im besten Sinne regional ist.
Francesca Gavin
Messedirektorin

Früher, als längst nicht alles gut war, koexistierten die Curated-by-Galerien mehr schlecht als recht mit der örtlichen Kunstmesse, die früher „Viennafair“ hieß und jetzt zum zehnten Mal als „Viennacontemporary“ (VC) stattfindet. Nach einigen Jahren des unsteten Umherziehens, ist sie wieder in den Messehallen angekommen. Nach zuletzt gut 60 Teilnehmern stellen jetzt 98 Galerien aus, darunter 22 der 25 Curated-by-Teilnehmer, also alle tonangebenden der Stadt.

Unter der neuen Direktorin Francesca Gavin wurden sogar die Termine beider Veranstaltungen für die nächsten fünf Jahre synchronisiert. Vorbei sind zum Glück die Zeiten, in der die VC auf internationalem Level groß auftrumpfen wollte. „Ich will, dass die Messe im besten Sinne regional ist“, erklärt Gavin. „Es ist meine feste Überzeugung, dass man heute nur erfolgreich sein kann, wenn man sich von anderen Veranstaltungen unterscheidet. Ich fände es als Sammlerin langweilig, überall auf der Welt das Gleiche zu sehen.“

Francesca Gavin erwartet Sammler aus dem europäischen Ausland in größerer Zahl als zuletzt. Das Ausstellerverhältnis habe sich jetzt ungefähr gedrittelt zwischen Österreich, Osteuropa und dem restlichen Europa. Sogar Thaddaeus Ropac aus Salzburg ist wieder dabei mit einem auf den Austragungsort zugeschnittene Stand für Arbeiten von Martha Jungwirth, Wolfgang Laib und Markus Schinwald. Die kommunizierte Drittelung der Teilnehmer spiegelt allerdings eher das Ziel als den Istzustand. Tatsächlich stammen 43 Galerien aus Österreich, ein Schwachpunkt schon der alten Viennafair.

Lou Cantor ist ein Künstlerkollektiv aus Jozefina Chetko und Kolja Gläser, das sich viel mit Intersubjektivtät beschäftigt. Es stellt auf der ersten Ausgabe des Salons „Particolare“ in Wien aus. Foto: Particolare

Die Galerie3 aus Klagenfurt, die mit einem neuen Raum dem Galerienstandort Schleifmühlgasse frischen Wind bringt, steht für eine Generation, die vormacht, wie zeitgenössischer Kunstmarkt auch gestaltet werden kann: Fünf von sechs Positionen sind weiblich. Während andernorts zwar viel von Diversität geredet wird, sind diese Themen hier geübte Praxis. Auf der Messe wird auch der aus der Community gestiftete Queer Art Prize vergeben. Der ist zwar nicht hoch dotiert, kann jedoch durch seine Vergabe an Künstlerinnen, Künstler und Galerien auch den Blick auf das Thema lenken.

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Der fehlenden Präsenz internationaler Galerien will die neue „Particolare“ abhelfen. Der Kursalon Hübner bildet eine prächtige Bühne für Arbeiten von rund 50 Künstlern aus international renommierten Galerien wie Pace, Gagosian oder Mennour. Entscheidendes Argument für deren Zusage dürfte wohl das Preismodell sein. Die Teilnahme an der Particolare kostet zunächst einmal nichts, erst bei Verkauf wird eine Provision fällig.

Wo der „Habenwollen“-Reflex ausgelöst wird

„A Collectible Exhibition“ nennt sich die Nicht-Messe im Untertitel. Da stehen und hängen teilweise große Kunstwerke im Raum, die sicherlich geeignet sind, einen „Habenwollen“-Reflex beim angepeilten zahlungskräftigen Publikum auszulösen. Kuratorisch stehen die Werke zumeist vereinzelt für sich. Lediglich in zwei kleineren Räumen lässt sich ein thematischer Zusammenhang ausmachen. Eingeführt durch zwei große Digitalarbeiten von Daniel Canogar (Galerie Anita Beckers, Frankfurt, je 48.000 Euro), geht es links im weitesten Sinne um Zeit und rechts um Sprache.

Hier kommuniziert die Kunst tatsächlich miteinander: etwa Pierre Bismuths Zeichnungsfolge „Following the Right Hand of Picasso“ (aus Privatbesitz) mit Joseph Kosuths „L.W.‘s Last Word“ – dem letzten geschriebenen Wort Ludwig Wittgensteins (Galerie Christine König/Wien).

Bis auf diesen letzten Teil wirkt die Ausstellung wie eine Ansammlung von Kunstmarkt-Trophäen. Dadurch ähnelt sie wahrscheinlich den Häusern vieler vermögender Privatsammler, die ja genau die angepeilte Käuferschicht darstellen. Eine Bereicherung des Kunstmarktplatzes Wien ist Particolare allemal.

Mehr: Thomas Hugs etwas anderes Konzept einer Kunstmesse
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