Rumänischer Maler Adrian Ghenie
Furioser Malstil

Das Bild ist bereits an einen amerikanischen Sammler verkauft.
Berlin. Seit seiner ersten Ausstellung in der Berliner Galerie Judin (2008) hat der in Rumänien geborene und mit seiner abstrahierenden Figuration hochgeschätzte Künstler eine atemberaubende Karriere durchlaufen. Ausstellungen in Gent, Venedig, Liverpool, Florenz, Los Angeles folgten auf dem Fuße. Jetzt sind bei Judin und in der Galerie Plan B neue Gemälde und erstmals auch großformatige Kohlezeichnungen ausgestellt.
Der Ausstellungstitel „The Graces“ bezieht sich sowohl auf einen kunsttheoretischen Wertebegriff der Renaissance (grazia) als auch ironisierend auf die drei Grazien und ihre Verwandlung im Hier und Heute. Diese Mehrdeutigkeit macht Ghenies Bildprogramm neben der Kraft und Unmittelbarkeit seines furiosen Malstils zu einem animierenden Entdeckungsfeld, in dem Bezüge auf Geschichte und Kunstgeschichte in malerischer Metamorphose aufgehen.
Ausgangspunkt der „Graces“ ist ein Urlaubsfoto von Ghenies Mutter am Strand, aber das Gemälde mit blauem Horizont und bedrohlichen Strandformationen evoziert auch den Schreitenden von Rodin und den wohlbeleibten Hofnarren des Cosimo Medici (925.000 Euro). In dem Großformat „Alpine Retreat 2“ ruht eine Figur in bräunlichem Inkarnat auf einem Liegestuhl: die schwangere Eva Braun auf der Terrasse von Hitlers Berghof, hinter ihr eine bedrohliche Sturmfiguration (1,28 Millionen Euro).
Die Preise bei Judin negieren den Hype der Auktionen, die ein Tummelfeld der Investoren geworden sind. Ein mittleres Format mit einer Figur mit Spielzeuggewehr („The Toy“), hinter der rote Farbwolken wabern, ist auf 375.000 Euro angesetzt, kleinere Selbstporträts auf 215.000 Euro. Die Wischspuren und Farbschwünge, die in allen seinen Bildern erscheinen, sind gestische Camouflagen einer zündenden Bildidee. Die Farbe ist zum Teil mit dem Handballen, dem Spachtel oder grobem Sandpapier bearbeitet. Die dicht strukturierten Kohleblätter zeigen einen Künstler, dessen zeichnerischer Furor dem der Gemälde nicht nachsteht. Eines der besten Bilder, „On the Beach“, in dem der Maler sich selbst als umwogte Sitzfigur eingebracht hat, ist bereits an einen amerikanischen Sammler verkauft. Deutsche Museen sollten jetzt zugreifen, ehe es zu spät ist (Bis 3. Februar in beiden Galerien).