Satellitenmessen in Paris
Chancen auch für junge Kunst
Paris. Paris hat in dieser Woche ein weit gefächertes Messeangebot. Zur Entdeckermesse „Paris Internationale“ gesellt sich ergänzend die auf Fotografie, Bewegte Bilder und Installationen spezialisierte „Offscreen“ (beide bis 22.10.). Beide Veranstaltungen sind Nomadenmessen, die sich jedes Jahr in einem anderen Gebäude einrichten. Die Paris Internationale wählte einen fünf Stockwerke hohen Art Déco-Bau im Rohstadium der Renovierung; die Offscreen zog in ein Parkhaus der 1930er-Jahre mit kurvenreichen Rampen.
Der wachsende Erfolg der Paris Internationale, die in diesem Jahr mit 65 Galerien aus 25 Ländern aufwartet, verdankt sich ihrem „Non Profit“-Konzept. Weil das Organisationsteam auf kommerzielle Einkünfte verzichtet, kann es völlig frei entscheiden.
Seit acht Jahren privilegiert die Messe junge, möglichst engagierte Galeristen mit ökologischem Bewusstsein. Generell gilt für diese originellste Pariser Messe, was der Schweizer Galerist Victor Gisler (Galerie Mai 36) als Besucher kurz so auf den Punkt brachte: „Hier ist der Nachwuchs“.
Da das riesige Gebäude es in diesem Jahr jedoch ermöglicht, die Anzahl der Galeristen zu erhöhen, nimmt etwa auch der etablierte Berliner Galerist Mehdi Chouakri teil. Er hat Skulpturen der verstorbenen Charlotte Posenenske und Arbeiten der international bekannten Sylvie Fleury im Angebot.
Dieses organisatorische Novum beurteilt der Kunstberater und Sammler Christoph Langlitz durchaus positiv. Er freut sich über die „Mischung von Werken sehr junger Künstler und längst anerkannter wie Dinos Chapman oder Katherine Bradford“; und betont, er habe viele Arbeiten von jungen Künstlern entdeckt, die er weiter verfolgen und anschließend seinen Kunden beratend empfehlen wird.

Das Bild „Wittig-Wittgenstein“ aus der Sammlung des Nationalen Zentrums für Plastik (CNAP) wird auf der Paris Internationale zum Kauf angeboten.
Bemerkenswert auf der Paris Internationale ist die Tendenz zur Malerei im Allgemeinen und zur figurativen Darstellung im Besonderen. Die Pariser Galerie Crèvecoeur zeigt etwa die unscharfen Porträts von Yu Nishimura. Der Kölner Jan Kaps wartet mit grün getönten Porträts der in Syrien geborenen und in Wien lebenden Künstlerin Rasha Omar auf. Ihnen stellt die Berliner Galerie KOW Sophie Gogls großformatige, violette Farbtöne bevorzugende Porträts entgegen.
Ein französischer Sammler monierte, es gebe zu wenige Skulpturen auf der Paris Internationale. Das kann man bei genauer Betrachtung des üppigen Angebots nicht bestätigen. Zwei provokante Skulpturen des Wiener Duos Jakob Lena Knebl und Ashley Hans Scheirl bei der Galerie Georg Kargl für 60.000 und 80.000 Euro seien erwähnt. Überdies ist den beiden Stars soeben eine große Schau im Pariser „Palais de Tokyo“ gewidmet.
Erstaunlicherweise trifft man nur auf eine eindeutig politische Position auf der Messe: In der Galerie Cibrian aus San Sebastian liegen auf dem Boden Pappkartons mit Kleidung. Es sind die „Flüchtlings Welcome Kits“ von Susan Cianciolo, einer amerikanischen Künstlerin und Designerin.
Die Offscreen-Messe wartet neben zeitgenössischen auch mit historischen Positionen auf. So zeigt die Pariser The Film Gallery etwa eine 1970 entstandene Arbeit von Stan VanDerBeek. Streng genommen handelt es sich um ein Tableau von 153 Mixed Media-Collagen, die für eine Performance geschaffen wurden, ergänzt um ihre durch eine Fax-Übertragung schwarzweißen Duplikate. 250.000 Dollar sind für das „Panels for the Walls of the World“ betitelte Werk veranschlagt.
Auch die Kölner Bene Taschen Galerie entschied sich für bereits historische Arbeiten. Sie präsentiert die „Albums“ des Afro-Amerikaners Jamel Shabazz mit Alltags- und Feiertagsfotografien aus dem New York der 1960er- bis 1990er-Jahre. Die ungarische Galerie Einspach Fine Art & Photography Gallery hat Fotografien und Filme der Ungarin Orshi Drozdik mitgebracht. Sie gingen aus ihren feministischen Body Art-Performances von 1980 hervor.
Auf aktuell vom Fernsehen ausgestrahlten Tickernachrichten basiert eine digitale Installation von Daniel Canogar auf dem Stand von Anita Beckers. Damit katapultiert die Frankfurter Galeristin die Messebesucherin wieder in die Gegenwart.
Mehr: Frieze-Messen in London: Händler fliehen in die idyllische Kunst