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Art Basel

Der Kunstmesse gelingt in schwierigen Zeiten eine bedachte Auswahl

Die Art Basel setzt auf bewährte Namen und neue Talente. Die Aussteller auf der wichtigsten Kunstmesse der Welt gehen auf Nummer sicher. Und zugleich rückt Afrika stärker in den Blick.Susanne Schreiber 12.06.2024 - 14:03 Uhr
Agnes Denes’ Weizenfeld verbindet Überlegungen zu Immobilienspekulation, Land Art und Ökologie. Es ist ein Remake ihrer wegweisenden Installation von 1982 in Manhattan. Aktuell reift es auf dem Messeplatz vor den Hallen der Art Basel. Foto: Stefan Pangritz

Basel. Der Auftakt ist großartig. Doch die Kunst der „Art Basel“ hält nicht immer, was Agnes Denes an künstlerischer Weitsicht, Mut und politischer Analyse mit ihrem „Weizenfeld“ liefert. Die heute 93-jährige Ungarin hatte bereits 1982 in New York ein Großgrundstück mit Weizen bepflanzt.

Gedanken zu Immobilienspekulation, Land Art und Ökologie verdichtete Denes zu einem Kunstwerk, das mit dem Möglichkeitssinn der Betrachter spielt. Dieses Weizenfeld hat die Künstlerin jetzt in einem Remake auf dem Messeplatz zwischen beiden Hallen angelegt, in denen die Art Basel noch bis Sonntag stattfindet.

Damit ist der wichtigsten und potentesten Kunstmesse der Welt an ihrem Stammsitz in Basel endlich wieder ein Aufschlag von Relevanz gelungen. In den Vorjahren verläpperte der von allen Besuchenden gesehene Beitrag im Stadtraum zur beliebigen Unterhaltung.

Nur in Basel hält die Art Basel eine eigene Halle bereit für die XXL-Formate, betont Messedirektorin Maike Cruse im Gespräch mit dem Handelsblatt. Das unterscheidet die Schweizer Ausgabe von ihren Ablegern in Miami Beach, Hongkong und Paris. „Unlimited“ heißt die kuratierte Sonderschau für sperrige Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts.

Die Unlimited lässt sich auch als Kommentar zur Gegenwart lesen. In diesem Jahr scheinen der fortgesetzte Krisenstatus und die nicht endenden Kriege die Sehnsucht nach Kunst befeuert zu haben, die beruhigt und erfreut.

Da warten nette Farbstreifen mit Schleifchen von Ross Bleckner auf potente Sammler oder ein zweiteiliges Foto vom Bergpanorama um den Fuji von Hiroshi Sugimoto für 900.000 Dollar in einer Dreierauflage bei Fraenkel. Da montiert Julio Le Parc ein Mobile aus Tausenden Spiegeln, in denen sich die Besucherinnen und Besucher selbstgefällig betrachten können.

Und Teresa Solar Abboud baut pinkfarbene Skulpturen, die wild und bewegt in den Raum greifen und besonders gut aussehen, weil sie vor leuchtend blauen Wänden stehen. Bei der Galerie Travesia Cuatro aus Madrid und Mexico City kostet das Paar 280.000 Euro.

Die junge Spanierin Teresa Solar Abboud baut pinkfarbene Skulpturen, die in den Raum greifen. Vertreten wird sie von der Galerie Travesia Cuatro aus Madrid und Mexico City. Foto: Handelsblatt

Zwei Werke fallen heraus. Von Lu Yang stellt die Galerie Société ein Multimediavideo aus, das technisch brillant und erzählerisch ansprechend ist. Die Bildsprache des Künstler-Avatars „Doku“ ist so zeitgenössisch, dass viele Flaneure stoppen und zuschauen, nicht nur vorbeischlendern.

Der binäre Künstler schildert sein abenteuerliches Leben in Einsamkeit zwischen einem glamourösen Hotel und Klippen, von denen er in den Abgrund stürzt. Dafür werden mehr als 100.000 Euro erwartet. Die ersten Filme der Sechser-Edition seien bereits verkauft, der Preis steigt, je länger die Sammlerinnen warten, lässt die Galerie wissen.

Ein Showstopper von ästhetischer Prägnanz ist auch das Video von David Claerbout. Der Belgier filmt in Farbe frontal einen efeubewachsenen Landsitz. Dass es sich um Bewegtbilder handelt, erkennt man wie immer bei ihm nur an den sanft schwingenden Blättern.

In Zeitlupe explodiert dann aber eine Bombe im Inneren des Hauses. Claerbout zoomt sich ins Inferno und zeigt zwei Vögel im Todeskampf. Sie geben dem Werk den Titel „Birdcage“. Die Galerie Schöttle erwartet für das hintersinnige Video über den goldenen Käfig 120.000 Euro.

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Der binäre Künstler Lu Yang erzählt seine Geschichte von Einsamkeit in dem mitreißenden Video „Doku“. Das ist ein buddhistischer Titel und hat nichts mit unserem Wort für Dokumentation zu tun. Foto: Stefan Pangritz

Über 280 Galerien aus 40 Ländern nehmen an der Art Basel teil, für jede ein Ritterschlag. In Halle 2 finden sich an etlichen Kojen Referenzen auf die laufende Biennale von Venedig. Aber nicht so viele wie sonst, denn diese Ausgabe mit Schwerpunkt globaler Süden ist deutlich weniger kommerziell.

Bei der Galerie Neu lockt in grüner Schrift das Biennale-Motto „Fremde überall“ von Claire Fontaine. Es soll 60.000 Euro kosten in einer Siebener-Auflage. Bei Goodman aus Südafrika betont man, dass der „Refugee Astronaut“ von Yinka Shonibare zwar in einer 16er-Auflage existiert, doch der Waxprint-Stoff des Astronautenanzugs jedes Mal ein anderer sei. Kostenpunkt: 250.000 Pfund.

Sehr geschickt erweitert die Galerie Sfeir-Semler unsere Kenntnis ihrer Biennale-Künstlerinnen. Von Samia Halaby zeigt sie unter anderem ein abstraktes Landschaftsgemälde von 2010, das 40.000 Dollar kostet. Kleine farbintensive Papierarbeiten liegen bei 8000 Dollar.

Die Pariser Galerie Templon hat ein Bild von Alioune Diagne mitgebracht und sofort für 65.000 Euro verkauft. Der Maler trägt die Farbe in kleinen Fantasiezeichen auf, sodass immer viel Weiß durchscheint. Das legt einen Schleier über seine figurativen Motive: Wir meinen, Afrika zu kennen, und tun es doch nicht. Alle Werke aus dem Pavillon von Senegal in Venedig seien bereits verkauft, teilt die Galeriemitarbeiterin stolz mit.

David Claerboud ist berühmt für seine langsamen Videos. In „Birdcage“ filmt er ein Landhaus, in dem eine Bombe explodiert. Am Ende sieht man die sterbenden Vögel und denkt über das Leben im goldenen Käfig nach Foto: Stefan Pangritz

Afrika ist sichtbarer als in früheren Jahren, die Art Basel wird diverser, das hatte Maike Cruse versprochen. Nicht nur durch Galerien wie Goodman und Blank aus Kapstadt oder PPOW aus New York. Auch Powergalerien vertreten Schwarze Künstlerinnen, Matthew Marks etwa Simone Leigh; Barbara Thumm setzt sich für Roméo Mivekannin und Kaloki Nyamai ein.

Aber auch sonst entdeckt der Messeflaneur Neues und Verblüffendes. Julius von Bismarck hat sich eines Kinderspiels angenommen, bei dem man einst einen Esel auf Knopfdruck zusammensacken lassen konnte. Diesem Mechanismus folgt jetzt ein lebensgroßes Reh, das alle Bambi-Klischees erfüllt, wenn es wie vom unsichtbaren Schuss getroffen nach vorn kippt und wieder aufsteht. Zu haben bei Sies und Höke für 120.000 Euro netto.

Der Künstler Daniel Knorr nimmt sich vor, was andere ignorieren, unsere Hinterlassenschaften, Pfützen oder den Abdruck eines Elefantenfußes. Ein solcher kann mit seiner flatternden Kontur verführerisch schön leuchten, denn Knorr färbt das Relief ein. Das Banale bekommt hier eine Edelsteinästhetik. Das Kunstwerk, das Fragen nach unserem Blick und unseren Bewertungen stellt, wechselt in der Galerie nächst St. Stephan aus Wien für 38.000 Euro in neue Hände.

Aus zwei Teilen besteht Hiroshi Sugmotos paraventartiges Bild vom Bergmassiv des Fuji in Japan. Angeboten wird das in der Dämmerung aufgenommene Landschaftsbild von den beiden Galerien Fraenkel und Lisson. Foto: Stefan Pangritz

Es sind politisch angespannte Zeiten, in denen die aus aller Welt nach Basel angereisten Sammler die Kaufkraft zwar hätten, aber kaum die Lust, groß Geld auszugeben. Sichtbarer Trend: Fast alle Aussteller gehen auf Nummer sicher, kein Bling-Bling; neue Namen jüngerer Künstlerinnen und Künstler, die noch nicht Millionen kosten, dominieren.

Was nicht heißt, dass es nicht ein brillantes Murnau-Bild von Wassily Kandinsky gibt, für das die Galerie Landau aus Montreal schon auf der „Tefaf“ einen Preis um 30 Millionen Dollar erwartet haben soll. Zwirner bietet den „Guten Hirten“ aus dem Jahr 1965 von Georg Baselitz aus der Sammlung Gercken für zehn Millionen Dollar an, Ropac ein zweigeteiltes Bild von Baselitz, das nur wenig später entstand. Für „MM und die Kühe“ setzt der Großgalerist aus Salzburg 2,4 Millionen Euro an.

Und Hauser + Wirth entdeckt den Handel mit Klassikern. Auf der Messe hängt neben einem Calder-Mobile und einem Großformat von Philip Guston ein schmales Stillleben von Max Beckmann von 1926. Für die Dahlien mit Musikinstrument aus einer Schweizer Sammlung liegt der Preis bei 2,8 Millionen Schweizer Franken.

So schön es ist, wenn Kunst Gegenwelten öffnet, wenn sie erfreut und beruhigt, ihre Provokation bleibt auch im gemächlichen Basel nicht vor der Tür. Im Inneren der Unlimited-Halle zeigt die Galerie Nagel und Draxler Kader Attias Wald aus Y-förmigen Steinschleudern. Der Franzose, dessen Werk sich um das Heilen und Reparieren kolonialer Wunden dreht, nimmt Bezug auf den Stone War, die erste Intifada der Palästinenser 1987. Bleibt zu hoffen, dass auf die Nachrichten vom Krieg im Nahen Osten bald die Nachrichten vom Waffenstillstand und der Freilassung der israelischen Geiseln folgen.

Art Basel: 13. bis 16. Juni 2024 täglich 11 bis 19 Uhr

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