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Auktionsnachbericht

Vier Erlöse über der Millionen-Schwelle

In schwierigem Marktumfeld setzt Ketterer Kunst fast 30 Millionen Euro um. Dazu tragen auch die glänzend abgesetzten Gemälde aus der Sammlung von Berthold und Else Beitz bei.Sabine Spindler 12.12.2024 - 09:50 Uhr aktualisiert Artikel anhören
Kenneth Nolands „Via media (Suddenly)“ von 1963 ist ein Schlüsselwerk der frühen Farbfeldmalerei. Für 1,4 Millionen Euro brutto übernahm es eine amerikanische Privatsammlung. Foto: Handelsblatt

München. Auf dem deutschen Kunstmarkt tauchen hochkarätige Gemälde des amerikanischen Malers Kenneth Noland nur sehr selten auf. Doch die große Leinwand mit den farbigen Winkeln auf weißem Grund wurde am Wochenende auf Anhieb von taxierten 600.000 Euro in den Millionenbereich gehoben. Schauplatz war Ketterers „Evening Sale“ mit moderner und zeitgenössischer Kunst. Die Arbeit „Via media (Suddenly)“ von 1963, ein Schlüsselwerk der frühen Farbfeldmalerei, übernahm für 1,4 Millionen Euro brutto eine amerikanische Privatsammlung zum Nachsehen eines deutschen Interessenten. Alle Preise schließen das Käufer-Aufgeld ein.

Das Gemälde war am 6. Dezember einer von vier Erlösen über der magischen Millionenschwelle. Die Zahl ist für Deutschlands derzeitige Krisensituation beachtlich. Einen weiteren siebenstelligen Betrag erzielte mit 1,3 Millionen Euro Robert Rymans Lackschicht für Lackschicht aufgebautes Gemälde „General 52" x 52"“ von 1970. Es ist wie alle Ryman-Gemälde eine Reflexion über die Farbe Weiß und die Malerei an sich. In diesem Fall setzte sich Deutschland gegen die USA durch.

„Die internationale Avantgarde der 1960er-/70er-Jahre ist sehr wichtig für uns, da sie uns eine weltweite Sammlerschaft bringt“, sagte Auktionator Robert Ketterer dem Handelsblatt. Und die braucht jedes Auktionshaus als potente Bieter in der Hochpreisregion.

Ketterer selbst gibt den Gesamtumsatz der Herbstversteigerung von Klassischer Moderne und Gegenwartskunst mit 29,9 Millionen Euro brutto an. Damit ist das Unternehmen im 70. Jahr seines Bestehens erneut in Folge der erfolgreichste Versteigerer Deutschlands. Allein die Abendauktion erlöste 22,2 Millionen Euro. Das sind 3,7 Millionen Euro mehr als die Summe der unteren Taxen, die Ketterer zuvor mit 18,5 Millionen Euro kommuniziert hatte. Fast ein Viertel des Abenderlöses generierte das Münchener Haus mit vier Gemälden aus der Sammlung des 2013 verstorbenen Krupp-Vorstandsvorsitzenden Berthold Beitz.

Max Beckmanns „Großer Clown mit Frauen und kleiner Clown“, vollendet kurz vor dem Tod des Künstlers im Jahr 1950, wurde das teuerste Los des Abends. Beckmanns New Yorker Gemälde haben bei Sammlern bislang nicht den Stand wie Werke aus den 1920er-Jahren. Den Preis des anspielungsreichen Gemäldes aber hoben zwei Telefonbieter aus Mitteleuropa und ein Internetkonkurrent von taxierten 1,4 auf 3,7 Millionen Euro. Es wird den Bestand eines europäischen Privatmuseums bereichern.

Max Beckmanns „Großer Clown mit Frauen und kleiner Clown“ hoben zwei Telefonbieter aus Mitteleuropa und ein Internetkonkurrent von taxierten 1,4 auf 3,7 Millionen Euro. Foto: Ketterer Kunst

Bei zwei Arbeiten aus der Beitz-Sammlung engagierte sich im Saal auch ein deutscher Ex-Manager aus der Wirtschaft. Das Gemälde „Fischer auf der Düne“ von Karl Schmidt-Rottluff überließ er schließlich einem norddeutschen Sammler bei 635.000 Euro. Aber in Emil Noldes auf 600.000 Euro geschätztes Gemälde „Landschaft mit Seebüllhof“ investierte er 914.000 Euro – ein Bild von 1930, das durchaus in den siebenstelligen Bereich hätte rutschen können. Ketterer erklärt das Engagement für diese Lose nicht nur mit der hohen Qualität.

„Da schwingt großer Respekt für Beitz mit, der die Firma Krupp genauso konsequent aufgebaut hat wie seine Sammlung“, berichtet der Auktionator.

Wer nur die Ergebnisse der fünfzehn Topwerke der Abendversteigerung betrachtet, könnte den Kunstmarkt für krisenfester halten, als er wirklich ist. Die Verkäufe schwankten zwischen hohen Ergebnissen für rare, bedeutende Arbeiten und Zuschlägen im vorgegebenen Preisrahmen bei den weniger spektakulären Werken.

Aus der renommierten Sammlung Hermann Gerlinger stammte Alexej von Jawlenskys von wolkigem Farbauftrag bestimmte „Landschaft bei Oberstdorf“ von 1912. Zwei Internetbieter hoben das farbintensive Gemälde von geschätzten 700.000 auf einen Erlös von 1,07 Millionen Euro. Ein stattlicher Preis, aber auch Ausdruck für den Stand des Expressionismus.

Bei Sotheby’s hatte eine andere Version des Motivs vor zehn Jahren nicht ganz das Doppelte gebracht. Auch wenn hier ein Bieter aus den USA das Untergebot lieferte, Expressionismus wird meist im deutschsprachigen Raum verhandelt, ohne globale Mitbieter. So auch August Mackes in intensiven Farben schwelgender „Garten mit blühenden Rabatten“ von 1912. Er kostete einen deutschen Sammler 762.000 Euro, mehr als das Doppelte der Taxe.

Knapp unter einer Million blieb Ernst Wilhelm Nays leuchtendes Querformat „Sonnenzirkel“ von 1956 mit 889.000 Euro. Kandinskys Tuschfederzeichnung „Friedlich“ wechselte für 787.400 Euro in die Schweiz. Bei Wojciech Fangors suggestivem, kosmisch wirkendem blauen Kreis auf weißem Grund von 1968 setzte sich bei 508.000 Euro ein Sammler aus Deutschland gegen polnische Konkurrenz durch.

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Emil Noldes exotisch anmutendes Frauenbildnis „Vera“ aus der Sammlung Berthold Beitz verdoppelte seine Schätzung auf 825.500 Euro inklusive Aufgeld. Foto: Ketterer Kunst

Doch die ökonomisch bedingte Abkühlung des Kunstmarktes ist bei genauer Betrachtung nicht völlig spurlos an Deutschlands umsatzstärkstem Auktionshaus vorbeigezogen. Der Katalog des Evening Sales ausgewählter Werke enthielt mit 56 Losen gut zehn bis 15 Prozent weniger Nummern als die Auktionen zuvor. Das heißt: Sammler halten Spitzenstücke zurück. Zehn Lose, darunter Otto Muellers „Waldlandschaft mit See“ zur Taxe von 120.000 Euro und Alberto Burris Materialbild „Legno P 1“, ein erhoffter Millionenerlös, fanden am Abend keine Käufer.

Vier Werke wurden wegen Geboten unter dem Mindestpreis „unter Vorbehalt“ zugeschlagen. Ketterers Rückgangsquote hatte zuvor selten mehr als zehn Prozent betragen. Inklusive der inzwischen im Nachgang verkauften Werke, etwa Ed Ruschas Pastell „Miracle“ für 228.500 Euro, liegt sie nach Information des Hauses derzeit bei 17 Prozent.

Die Zahl der Mitbieter hat abgenommen

Zu beobachten war zudem, dass die Zahl der Mitbieter bei sehr vielen Objekten niedriger war als gewohnt. Rekordzuschläge fielen selbst bei bedeutenden Künstlern nicht. Wer im Auktionssaal saß, spürte weniger von der Preisdynamik als bei früheren Abendversteigerungen.

Robert Ketterer sieht das anders: „Wir haben im Evening Sale eine wertbezogene Quote von 129 Prozent und eine durchschnittliche Steigerung pro verkauftem Los von 48 Prozent“, betonte er im Gespräch mit dem Handelsblatt. Die wertbezogene Quote bezieht sich auf den Rufpreis, der noch unter der Taxe liegt, im Verhältnis zum Erlös.

Erstmals bot Ketterer ein Werk des 19. Jahrhunderts im Evening Sale an. Die Strategie war, Max Slevogts Triptychon „Der verlorene Sohn“, in seiner Zeit ein Skandalbild, heute ein Werk von Museumsformat, im „Umfeld des Besten“ zu präsentieren, wie einst der umstrittene Salvator Mundi von Leonardo da Vinci bei Christie’s. Ein Internetbieter aus den USA und ein Sammler aus Deutschland rangen lange, bis der Hammer bei 558.800 Euro zugunsten des Deutschen fiel.

Unter dem Strich kann sich Ketterers Jahresbilanz sehen lassen. Laut hauseigener Mitteilung liegt der Jahresumsatz inklusive Online- und Buchauktionen, Privatverkäufen und 19. Jahrhundert bei 89 Millionen Euro. Gegenüber dem Rekordjahr 2022 sind das 14 Millionen weniger, gegenüber 2023 lediglich eine Million weniger. Platz eins in Deutschland ist aber sicher.

Erstveröffentlichung: 11.12.2024 09:37 Uhr

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