Galerien in Basel
Weniger Konkurrenz als in Zürich und Paris

Basel. Sie räkelt sich auf einem abgenutzten Designerstuhl, endlos lange Beine in Nylons und High Heels, ihr langes Haar umspielt den blanken Busen. „Jane B.“ heißt das zarte Wesen aus Watte und geknotetem Strumpf. Ihm hat die Künstlerin Sarah Lucas keinen Kopf mitgegeben, aber Sex-Appeal, Leichtigkeit und Witz. Die Rotzigkeit der sogenannten „Young British Artists“, die in den 1990er-Jahren in London und Berlin eine Ausstellungssensation waren, schwingt augenzwinkernd noch mit.
In der kompakten Ausstellung „Bunny Rabbit“ dreht sich „Jane B.“ auf einem vergrößerten Plattenspieler im Schaufenster – und keiner regt sich über vermeintlichen Sexismus auf. „Hier gehen Schulklassen vorbei,“ erzählt Galerist Bruno Brunnet dem Handelsblatt. „Sarah Lucas’ Arbeiten machen nicht aggressiv, weil sie den Sinn für Humor mit dem Humanen verbinden.“
Seit knapp einem Jahr leistet sich Contemporary Fine Arts aus Berlin (CFA) eine Zweigstelle im Totengässlein 5, gleich hinter dem Markt von Basel. Brunnet und seine Ehefrau Nicole Hackert wollten etwas Neues ausprobieren und wählten die Grenzstadt: „Hier ist die Konkurrenz nicht so groß wie in Zürich oder in Paris. Und es gibt Weltklassemuseen.“ Die Ende 2024 auslaufende hohe deutsche Mehrwertsteuer von 19 Prozent war natürlich auch ein Grund; das verheimlicht Brunnet nicht.
Die Sarah-Lucas-Show flankiert die aktuelle Museumsausstellung in Mannheim. CFA zeigt neben Großfotos und „Jane B.“ noch zwei weitere herrlich lässige Projektionen von ewiger Weiblichkeit. „Bunny Rabbit“ kostet 400.000 britische Pfund netto, „Chérie“, eine Variante aus Beton und Bronze, in einer Sechserauflage 350.000 Pfund (bis 27. Juli).
Basel, die beschauliche Stadt am Rhein, hat Kunstgeschichte geschrieben: mit dem ersten Museum, das schon 1661 öffentlich zugänglich war, mit der 1970 gegründeten Messe „Art Basel“ und mit der Galerie von Ernst Beyeler. Letzterer verkaufte nicht nur von 1947 bis 2010 Topwerke der Moderne an Sammler in aller Welt. Er eröffnete auch 1997 eines der schönsten Museen der Welt, die Fondation Beyeler im Basler Vorort Riehen.

Dafür, dass Basel maßstabsetzend ist, was Kunst betrifft, wirkt die Galerieszene erstaunlich klein und vor allem am Schweizer Geschmack ausgerichtet. Ein klein wenig Bewegung gibt es aber doch.
Das weltumspannende Galerienimperium Hauser & Wirth, ursprünglich aus Zürich, hat hier kürzlich seine 18. Galerie eröffnet. Nicht mit Kunst der Gegenwart oder der Nachkriegszeit, sondern mit dem relativ wenig bekannten dänischen Maler Vilhelm Hammershøi, der schon 1916 starb (bis 13. Juli). Das soll der Auftakt sein für den Handel mit älteren und alten Meistern.
Ein bisschen länger als Contemporary Fine Arts oder Hauser & Wirth betreibt die Galerie Meyer Riegger ihre Zweigstelle in Basel an wechselnden Orten. Man kennt sie hier gut, sitzen die beiden Galeristen aus Karlsruhe und Berlin doch im „Art Basel“-Komitee.
Machtgefälle beim Dating
Derzeit bespielen sie als Gast der Galerie Müller den vorderen Laden in der Rebgasse 46 mit „Your Cheeks Are Wine“; der Kunsthandel Müller nutzt den Anbau im Hof. Die 28-jährige Olivia Sterling malt in der Manier von Comics Kneipenszenen, die Beklemmung beim Betrachten auslösen (bis 13. Juli).
Der Britin geht es um Machtgefälle beim Dating zwischen Männern und Frauen, Schwarzen und Weißen, Angeschickerten und Betrunkenen. Meyer & Riegger veranschlagen zwischen 10.000 und 30.000 Franken für die Bilder einer Entfremdung, die hochaktuelle Themen wie Race, Gender und sozialen Status verhandeln.
Um Status geht es auch bei Larry Gagosian. Der Mega-Galerist und direkte Konkurrent von Hauser & Wirth betreibt inzwischen weltweit 19 Galerien. In Basel liegt die Gagosian Gallery direkt am Fluss, Rheinsprung 1. Und zwar in Sichtweite des Nobelhotels „Trois Rois“. Hier ruhen superreiche Sammlerinnen und Sammler sich gerne von den Strapazen des Kunst-Anschauens aus.
Gagosian zeigt Donald Judds ein Meter lange Alu-Objekte „Untitled“. Sie haben einen starken Bezug zur Schweiz. Der Metallverarbeiter Lehni in der Nähe von Zürich fertigte Möbel und Objekte des Minimalisten aus den USA. Bei Lehni fand der Künstler auch Farbnuancen, die er in den USA nicht erhalten konnte. Zehn von Judds reduzierten Unikaten aus dem Nachlass sind locker in vier kleinen Räumen gehängt (bis 7. September).
Ob die Rückwand hellrot oder apfelgrün leuchtet, die Mittelwand halb oder ganz ausgeführt ist, wie die Länge des Alu-Objekts rhythmisiert wird: Jedes Einzelwerk lehrt den genauen Blick auf den äußeren und den inneren Raum, auf Struktur und Machart. Die Minimal Art kommt ganz ohne Narration aus.
Dafür zahlen Sammler in den Auktionen etwa von Sotheby’s Preise im sechs- und siebenstelligen Bereich. Ein Duo erlöste 2017 1,1 Millionen Pfund, die Viererserie „Bernstein“ 2013 gar drei Millionen Dollar. Die Gagosian Gallery hingegen möchte ihre Preiserwartung für Judds Aluobjekte aus den Jahren 1987 bis 1991 nicht veröffentlicht sehen.