Auktionsnachbericht
Amerikaner bieten mit hohen Summen für Löwen-Bilder

Berlin. Es war eine Auktion starker Marktkontraste bei Lempertz in Berlin am 26. Oktober. Die aus dem Nachlass eines westfälischen Privatsammlers eingelieferten knapp hundert Gemälde des 19. Jahrhunderts bescheren einen Achtungserfolg. Die Vorbesichtigung der Werke in der Berliner Dependance des Kölner Hauses war stärker besucht denn je.
Aber diese persönliche Melange aus deutscher und vorwiegend niederländischer Malerei blieb mit einem Gesamtergebnis von 2,1 Millionen Euro hinter den Erwartungen von 3,5 bis vier Millionen Euro zurück. Das lässt sich vor allem mit dem Geschmackswandel erklären, der diese von Leo von Klenze bis Max Clarenbach, von Cornelis Springer bis Peder Monsted reichende Malerei nicht mehr mit der großbürgerlichen Bilderlust vergangener Jahrzehnte wertschätzt.
Dabei waren die Voraussetzungen gut. Die Schätzpreise für die 96 ausgebotenen Werke lagen marktrealistisch weit unter den Beträgen, die der Sammler seit der Jahrtausendwende für die meisten seiner Wunschbilder ausgegeben hatte. So ging beispielsweise das Hauptbild der Auktion, Klenzes Ansicht des Forum Romanum, die 2002 bei Neumeister in München den Hammerpreis von 530.000 Euro erzielt hatte, bei 260.000 Euro zurück.
Das gleiche Schicksal traf Friedrich Nerlys abendliche Venedig-Ansicht, die 2003 bei Van Ham in Köln 567.500 Euro eingespielt hatte und jetzt bei 230.000 Euro keinen Bieter fand. Selbst Carl Spitzwegs „Kanonier“, eine biedermeierliche Antikriegsidylle, wurde bei 220.000 Euro zurückgenommen. Sie war 2001 bei Neumeister im Nachverkauf mit einer Million D-Mark bewertet worden. Es könnte aber sein, dass diese Spitzenlose nachträglich noch ihre Käufer finden.
Wesentlich besser lief es für alle vier Gemälde des Großwildmalers Wilhelm Kuhnert, die von amerikanischen Sammlern ersteigert wurden. Sie setzten Summen zwischen 100.000 und 156.000 Euro ein, Letztere für das auf einer Anhöhe rastende Löwenpaar, das gerade Witterung aufnimmt.

Es gab aber auch Werke, die sich ohne Mühe und meist in Nähe der unteren Schätzpreise – die hier dem Limit entsprachen – absetzen ließen. So wurde Leo von Klenzes weiträumige Ansicht von Altrani, 2019 für 260.350 Euro erworben, für 176.000 Euro an einen Telefonbieter gegeben. Spitzwegs Hochformat „Der abgefangene Liebesbrief“ fand für 123.000 Euro über der Taxe einen Liebhaber. Spitzwegs in einer Sommerlandschaft flanierender „Hagestolz“ wurde für 78.000 Euro nach Spanien vermittelt.
Die teuerste von drei angebotenen Stadtansichten des Amsterdamer Malers Cornelis Springer wurde der an Staffage reiche Lübecker Markt. 2004 hatte die Stadtansicht bei Sotheby’s umgerechnet 470.000 Euro eingespielt. Jetzt spendierten zwei Sammler der Hansestadt 182.000 Euro, um das Bild dem Lübecker Museum für Kunst und Kulturgeschichte zu schenken, aus dem es 2004 an die Erben des Wiener Sammlers Ephrussi restituiert worden war.
Holländer sichern sich Landschaften der Malerfamilie Koekkoek
Keinen Ausfall gab es bei den Werken der niederländischen Malerfamilie Koekkoek. Bis 65.000 Euro für eine Sommerlandschaft des in Kleve tätigen Barend Cornelis Koekkoek reichten die Gebote. Hier und bei den folgenden niederländischen Gemälden der niedrigeren Preisgruppe engagierten sich holländische Sammler, die per Telefon und online boten. So wurden drei der vier Bilder des Den Haagers Andreas Schelfhout und Ansichten von F.M. Kruseman und J.H. Verheyen mühelos abgesetzt.
Auch zwei Seestücke mit Fischerbooten mit der Signatur des Den Haager Marinemalers Hendrik Wilhelm Mesdag gingen für 46.000 beziehungsweise 39.000 an niederländische Käufer. „Wir könnten ohne Benelux nicht existieren“, kommentierte Auktionator Henrik Hanstein. Zum Gesamtverlauf der Auktion merkte er an: „Wir sind nicht unzufrieden, aber nicht zufrieden genug.“

Die von der Düsseldorfer Galerie Paffrath geförderten Landschaftsbilder des Schweden Peder Monsted waren einst groß in Mode. Jetzt ersteigerte ein schwedischer Sammler den grün belebten „Sommer am Fluss“ für 104.000 Euro. Die beachtliche Steigerung von 20.000 bis 75.000 Euro erreichte eine levantinische Hafenansicht von Andreas Achenbach. Sie ist eines der ungewöhnlichsten Bilder des Düsseldorfer Malers, der seine Motive meist in rheinischen und niederländischen Gefilden fand. Das Großformat „Komödianten am Golf von Neapel“ des jüngeren Bruders Oswald Achenbach wurde einem im Saal bietenden Berliner Sammler für 65.000 Euro zugeschlagen.
Ein Küstenbild des Düsseldorfers Eugène Dücker wurde vor der Auktion zurückgezogen und an die Dresdener Albertina zurückgegeben. Es war in den Nachkriegstagen aus den Beständen des Museums abhandengekommen und 1996 in Kopenhagen bei Bruun Rasmussen versteigert worden.
Wenig Interesse weckten die niederrheinischen Stimmungsbilder des Düsseldorfer Fließbandmalers Hugo Mühlig. Eine besondere Vorliebe hegte der 2023 verstorbene Sammler für die oberbayerischen Sujets des Genremalers Hugo Kauffmann. 23 Bilder und Bildchen waren im Angebot, und erstaunlicherweise fanden viele dieser anekdotischen Werke Käufer zu vierstelligen Hammerpreisen: kleinbürgerliche Malerei für kleine Münze, die mal wesentlich teurer war.