Auktionsvorbericht
Die Anziehungskraft etablierter Namen

Düsseldorf. Das alles überstrahlende Hauptwerk in der Grisebach-Offerte vom 28. November 2024 ist abermals ein Bild von Max Beckmann. „Quappi mit grünem Sonnenschirm“ entstand 1938, im ersten Jahr des Amsterdamers Exils. Es gilt dem Anbieter als „eines der schönsten und erotischsten Porträts“ von Beckmanns deutlich jüngerer zweiter Ehefrau Mathilde, genannt Quappi. Das aus der Schweiz eingelieferte Strandbild soll vier bis sechs Millionen Euro kosten.
Der chinesische Maler Zao Wou-Ki lebte ab 1947 in Paris und wurde zum Meister des französischen Informel-Stils. „Au petit jour“ von 1957 ist eine kleine Abstraktion auf schwefelgelbem Grund. Für sie werden 500.000 bis 700.000 Euro erwartet. Eine weitere gewichtige Einlieferung bei Grisebach ist ein „Remix“-Bild von Georg Baselitz. „Schön gelb“ zitiert die Helden der 1960er-Jahre und unterstreicht ihre Standhaftigkeit mit parallel laufendem Farbdripping (450.000 bis 650.000 Euro).
Die übrigen Lose der Abendauktion rangieren, zumindest was ihre Schätzpreise betrifft, deutlich darunter. Etliche Einlieferer halten sich derzeit gern zurück und hoffen auf bessere Stimmung für den Verkauf.
Eine frühe „Empaquetage“ vom damals noch allein signierenden Christo wird bei 80.000 Euro ausgerufen. Lehmbrucks zu Lebzeiten gefertigter, in Zement gegossener „Geneigter Frauenkopf“ ist auf 250.000 bis 350.000 Euro geschätzt. Für das aus dem Fürst Pückler Museum in Branitz restituierte romantische Bild „Mühlental von Amalfi“ von Carl Blechen werden 100.000 bis 150.000 Euro erwartet. Es gehörte einst der jüdischen Familie Goldschmidt in Berlin.
Druck- und Portokosten spart das Berliner Haus ein, indem es nur noch zwei Kataloge verschickt: einen für die 63 Lose der Abendversteigerung und einen „All in one“-Katalog für alle vier Auktionen. Für 430 Kunstwerke gibt Grisebach einen unteren Gesamtschätzpreis von fast 17 Millionen Euro an. Im Vorjahr konnte das Haus einen Gesamtumsatz von 22 Millionen Euro verbuchen, darin enthalten eine Abendauktion mit 14 Millionen Euro.

Auch das in Köln ansässige Auktionshaus Lempertz bestückt seine Abendauktion am 29. November 2024 mit 77 Werken der modernen und der zeitgenössischen Kunst. Starlos ist hier „Mer agitée à Pourville“ von Claude Monet. Das Besondere: Es ist das einzige Winterbild der vom Künstler so oft gemalten Steilküste in der Normandie. Drei bis vier Millionen Euro soll das grünlich schillernde Meeresbild mit lückenloser Provenienz kosten.
Ein rares Hauptwerk aus Oskar Schlemmers Bauhaus-Zeit ist die Gipsskulptur „Abstrakte Figur – Freiplastik G“. Sie wechselt Kugel-, Zylinder- und Diagonalformen in konvexer und konkaver Ausrichtung ab. Von ihr ließ Schlemmers Witwe Tut 1961 elf kleine Bronze-Versionen anfertigen. Die nur im Umschreiten zu erfassende Skulptur stammt aus dem Depositum Schlemmer in der Staatsgalerie Stuttgart. Sie soll 300.000 bis 500.000 Euro bringen.
Mit Gerhard Richters grauem „Vorhangbild“ aus der Sammlung Günter Landmann, Baselitz’ Hommage an Piet Mondrian und der goldglänzenden Tafel mit sechszackigem Stern von Hermann Glöckner spricht die Offerte unterschiedliche Sammlertypen an.

Wer sich für die Anfänge der Videokunst begeistert, findet fünf Video-, TV- und Papierarbeiten von Nam June Paik. Sie stammen aus der Sammlung des Kunsthistorikers Wulf Herzogenrath, der 1976 die erste europäische Einzelausstellung des Videokunstpioniers Paik realisiert hatte.
Fünfstellige Schätzpreise lassen sich für Arbeiten von Mary Bauermeister, Adrian Ghenie, Markus Lüpertz und Rainer Fetting notieren. Die Gesamtschätzung für Lempertz‘ Evening Sale liegt zwischen 9,4 und 12,1 Millionen Euro.
Mit 40 starken Arbeiten bietet Van Ham in Köln am 27. November vor allem Maler, die Kunstfreunde suchen. Die höchsten Taxen tragen drei Werke der Klassischen Moderne. Pablo Picassos kubistisches Stillleben „Pomme et Verre“ von 1923 kam aus der Sammlung des Malers Konrad Klapheck, bevor es der Einlieferer erwarb. Jetzt soll es 350.000 bis 500.000 Euro bringen. Ähnlich hoch ist Otto Dix’ „Ursus mit rotem Mohn“ geschätzt. August Mackes „Stillleben mit Körben“ von 1911 geht mit 280.000 bis 350.000 Euro ins Rennen um den Höchstzuschlag.
Aber auch die Sammelgebiete Post War und Contemporary Art sind gut bestückt. Schwitters Collage und Karl Hofers sich trocknender Akt umspielen die Marke von 50.000 Euro. Serge Poliakoffs flächige gelb-rote Komposition erfordert dagegen mindestens 200.000 Euro.
Konrad Klapheck ist nicht nur als Vorbesitzer in Van Hams Auktion präsent, sondern auch als Maler. „Die zahlreiche Familie“ reiht zwölf unkenntliche Alltagsobjekte zu einer Serie mit kleinen Variationen. Geschätzt ist das cool anmutende Bild auf 140.000 bis 180.000 Euro. Darunter rangieren Gemälde von Norbert Bisky, Martin Kippenberger, Sigmar Polke und Günther Förg.
Die Gesamtsumme der unteren Schätzung liegt bei Van Hams Abendversteigerung über 4,6 Millionen Euro. Bislang sind deutsche Versteigerer mit großen, etablierten Künstlernamen und eher moderaten Taxen gut gefahren in einem schwierigen Marktumfeld.
Vorbesichtigung Grisebach: In Berlin an zwei Standorten in der Fasanenstraße 25 und 27 vom 21. bis 27. November 2024
Vorbesichtigung Lempertz: In Köln am Neumarkt 3 vom 23. bis 28. November 2024
Vorbesichtigung Van Ham: In Köln in der Hitzelerstraße 2 vom 22. bis 25. November 2024